Bei der sechsten Abstimmungsrunde im UN-Sicherheitsrat ist der 67-jährige frühere portugiesische Premierminister sowie ehemalige UN-Flüchtlingskommissar António Guterres am 5. Oktober zum Nachfolger von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ernannt worden. 

Erstmals in der über 70-jährigen Geschichte der UN wurde damit ein Generalsekretär öffentlich ausgewählt. Zur Förderung der Gleichberechtigung wurden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, weibliche Kandidaten zu nominieren. Daher waren über die Hälfte der 13 Kandidaten Frauen. 

Die früheren UN-Generalsekretäre stammten aus Nord- und Westeuropa, Asien, Südamerika und Afrika, jedoch noch nie aus Osteuropa. Russland äußerte einmal, einen UN-Generalsekretär aus Osteuropa zu wählen, entspreche geographischen Gesetzmäßigkeiten und wirke sich positiv auf die Lösung der Probleme in Syrien und der Ukraine aus. 

Da allgemein mit einer Kandidatin aus Osteuropa gerechnet worden war, erwies es sich als relativ schwierig, António Guterres endgültig zu ernennen. Laut UN-Charta muss ein Kandidat neun von 15 Stimmen der Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrats auf sich vereinen. Wenn es keine Gegenstimmen der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats gibt, kann er vom UN-Sicherheitsrat nominiert und der Generalversammlung der UN empfohlen werden, die ihn dann offiziell ernennt. 

Guterres war von 1995 bis 2002 Premierminister Portugals. In dieser Zeit führte er den Mindestlohn ein. Für seine Arbeit erhielt er viel Lob, selbst von politischen Gegnern. Außerdem gilt er als hervorragender Redner, der die UN-Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch fließend beherrscht. In den vergangenen zehn Jahren versorgte er mehr als 40 Millionen von Flüchtlingen aus über 100 Ländern mit humanitärer Hilfe. Als UN-Flüchtlingskommissar senkte er die Personalzahlen und Kosten im UN-Hauptquartier des Flüchtlingshilfswerks UNHCR um 50 Prozent und verbesserte gleichzeitig die Fähigkeit der Organisation, mit Notsituationen umzugehen. Daher schaltete sich die UN auch in internationale Angelegenheiten wie die Konflikte in Syrien, die Flüchtlingskrise in Europa und den Konflikt in der Ostukraine 2014 ein. 

Weltweit stehen wir vor einer Reihe von Herausforderungen und Krisen wie dem Terrorismus und dem Klimawandel. Der UN-Generalsekretär hat immer auch Symbolfunktion und muss innerhalb seiner fünfjährigen Amtszeit Frieden und Sicherheit weltweit wahren. Guterres rief die UN dazu auf, verstärkt mit diplomatischen Bemühungen Frieden zu schaffen, damit Konflikte und Krisen vermieden werden, anstatt Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Aber wie groß ist die Macht des UN-Generalsekretärs? Laut der 99. Regelung der UN-Charta kann der UN-Generalsekretär den Sicherheitsrat über alle Gefahren für Frieden und Sicherheit informieren. Das heißt, dass der Generalsekretär nur ein Vorschlagsrecht hat. 

Die Regelung internationaler Angelegenheiten ist nie einfach. Trygve Halvdan Lie, der allererste UN-Generalsekretär, sagte einmal, „es sei die schwierigste Aufgabe der Welt." 

Guterres hat eine tiefgreifende Strukturreform der UN und Kostensenkungen versprochen. Durch eine moderne Internetplattform soll die Kommunikation mit gewöhnlichen Bürgern ermöglicht werden. Ferner stellt sich die Frage, wie der „oberste Diplomat der Welt" die UN koordinieren kann. Ob Guterres sich Anordnungen von höhergestellten Organisationen widersetzen und die Einheit der UN trotz Meinungsverschiedenheiten wahren kann, wird sich während seiner Amtszeit zeigen müssen.