27-11-2008 Beijing Rundschau
Mineralölsteuer in Europa - Lehren für China?
von Matthias Mersch

Die ab 1998 in Deutschland stufenweise eingeführte Ökosteuer war vor allem auf Kraftstoffe erhoben worden. Ihrer Erlöse werden jedoch nur teilweise zweckgebunden verwendet und dienen einer Sanierung des Staatshaushalts sowie der Stabilisierung der Rentenversicherungsbeiträge, wodurch der Wirtschaft ein nicht geringer Teil der erhöhten Kraftstoffkosten erstattet werden. Eine Ökosteuer scheint sinnvoll, allerdings nur dann, wenn sie tatsächlich dazu dient, Schadstoffemissionen zu verringern oder moderner Umwelttechnologie den Weg zu ebnen, die sich langfristig bezahlt macht.

Die Autoren des „Handbuchs Verkehrspolitik“ weisen auf ein interessantes Phänomen hin: „An der Mineralölsteuer für Fahrzeuge in Europa ist bemerkenswert, dass sie im Vergleich zur Besteuerung anderer fossiler Energieträger und Verwendungszwecke hoch ist. Für verschiedene Emissionsquellen, die alle dieselben Umweltwirkungen haben, gibt es enorme Spannbreiten der Steuersätze je Tonne CO2-Emission: Heimische Steinkohle wird nicht besteuert, sondern subventioniert, Flugbenzin war bislang ebenfalls steuerfrei, für Heizöle fallen Steuern in Höhe von fünf bis 23 Euro je Tonne CO2 an, für die Stromerzeugung betragen sie 35 Euro, für Dieselkraftstoff bis zu 177 Euro und für Benzinkraftstoff 280 Euro. Diese Praxis wiederspricht der zentralen Effizienzvoraussetzung einheitlicher Steuersätze je klimarelevanter Emissionseinheit und zeigt die zentrale Bedeutung der mit der Mineralölsteuer verbundenen Finanzierungsziele.“

Mit anderen Worten: die Erhebung allgemeiner Steuern ist den Staaten wichtiger als eine Verringerung der Umweltbelastung. Allerdings gehen unter Experten die Meinungen darüber, welche Steuerbelastung auf Kraftstoffen wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sind, weit auseinander.

Ähnlich verhält es sich mit der Kraftfahrzeugsteuer. Nach einer Untersuchung von INFRAS aus dem Jahr 2000 sind die Effekte einer Erhöhung der Steuer auf die Höhe des Kfz-Bestandes und des Kraftstoffverbrauchs beschränkt. Mittel- und langfristig kann die Abhängigkeit des Steuersatzes von der Schadstoffmenge, die das Auto „produziert“, jedoch zu einer Modernisierung des Kraftfahrzeugbestandes führen. Dies liegt auch im Interesse der Automobilindustrie, die oft einen Anstoß von außen braucht, um sich zu modernisieren. Der unleugbare Vorteil der Kfz-Steuer liegt darin, dass sie sehr leicht erhoben und kontrolliert werden kann.

Welche Lehren kann China aus den europäischen Erfahrungen ziehen?

Eine Besteuerung führt immer zu Nebeneffekten, die bedacht sein wollen. So verführerisch die Berücksichtigung kurzfristiger Wirtschaftsinteressen dabei auch immer sein mag, langfristig kann akzeptabel nur sein, was die ökologischen Lebensgrundlagen nicht gefährdet. Einige Experten sind jedoch der Meinung, dass heute Umweltschäden weltweit bereits irreversibel sind, die „Zeit zur Umkehr“ also längst verpasst worden sei. Dennoch sollte kein Fatalismus um sich greifen nach dem Motto, „jetzt ist sowieso schon alles egal!“ Experten, so lehrt die Erfahrung, können irren.

Eine Subventionierung der Kraftstoffe ist nicht länger zu rechtfertigen, eine Erhebung von Mineralölsteuern sollte der Sanierung der Umwelt zugute kommen und zur Einsparung von Energie führen, nicht aber allein in Hinblick einer Erhöhung der Einnahmen des Staates dem Bürger abverlangt werden. Aus dem gleichen Motiv sollte die Kfz-Steuer nicht auf der Grundlage der Hubraumgröße der Fahrzeuge erhoben werden. Viel sinnvoller ist es, die Höhe der Steuer von der Umweltverträglichkeit des Fahrzeugs abhängig zu machen.

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