Das Los der Autofahrer

Die Luft scheint nicht mehr so dick zu sein in Beijing. Die Verflüssigung hat auch die Straße ergriffen: der Verkehr ist in Bewegung gekommen und hat frischen Wind in die Köpfe der Entscheider, der Berater aus der Wissenschaft und der Bürger Beijings geblasen.

Dort reift nun der Gedanke, die angenehme Leere der Boulevards auch ins postolympische Beijing zu verpflanzen. Die einfachste Methode, die Arithmetik der geraden und ungeraden Zahlen, die probeweise für die Dauer der Spiele und Paralympics Anwendung findet, soll eventuell fortgesetzt werden.

Bei der Begeisterung des Beijingers für das Automobil ist es wie mit Goethes Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wurde. Herstellung und Verkauf von Automobilen sollen der Förderung der Wirtschaft dienen. Werden zu viele davon gebaut, verkauft und auch noch in Betrieb genommen, werden Autos zur Belastung. Das haben die Beijinger in den letzten Jahren erlebt, bemerkt zu haben scheinen sie es aber erst in den olympischen Tagen.

Jahrelang wurden Stadtautobahnen gebaut, keine Stadtbahnen. Das soll nun nachgeholt werden, und das ist eine gute Idee. Den Münchnern ist das auch ungefähr nach zwanzig Jahren Bauarbeit an der "autogerechten Stadt” eingefallen, und wie in Beijing waren Olympische Spiele der Anlass zu einer anderen Verkehrspolitik. Das ist sechsunddreißig Jahre her, was in Betracht einer mehrtausendjährigen autolosen Geschichte natürlich so gut wie nichts ist.

Die Beijinger aber haben die Zukunft in der Hand. Elektromopeds fahren bereits durch die Stadt. In der New Yorker Autoshow ist das Elektroauto aufgetaucht, keine ganz neue Idee: die meisten Taxis um 1900 in Paris wurden von Elektromotoren getrieben. Nicht alles aus alten Tagen ist abzulehnen. Es ist hohe Zeit, dass China wirklich modern wird, die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht.