13-11-2008 Beijing Rundschau
Barack Obama Superstar: Hoffnungen und Bedenken in Europa
von Matthias Mersch

Die Journalistin schließt sich den pessimistischen Prognosen amerikanischer Beobachter an:

"Die Schuldenlast erstickt ihn und seine Vorhaben", sagt Maya MacGuineas, die Vorsitzende der unabhängigen Forschungseinrichtung CRFB in Washington. Und Guy Cecala, Herausgeber des Immobilieninformationsdienstes Inside Mortgage Finance, verglich die Situation des künftigen Präsidenten mit der eines Schiffskapitäns, der das Kommando übernimmt, nachdem die Titanic den Eisberg gerammt hat: "Was soll er schon tun? Die Sitzplätze in den Rettungsbooten neu verteilen?""

Josef Braml, der von der „Süddeutschen Zeitung" befragte USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin, sieht das ähnlich, hält die Lage aber nicht für titanisch hoffnungslos. Allerdings wittert er Unbequemlichkeiten für Europa: „Dieses Geld wird Amerika für internationales Engagement fehlen. Da werden wir sicher stärker in die Pflicht genommen werden. Es wird eine Debatte stattfinden darüber, wie diese Last neu zu verteilen ist. Und auch eine Debatte darüber, wie bestehende Organisationen wie die UN oder eben auch die Nato so verändert werden, damit sie die amerikanische Führungsleistung effektiver abstützen zu können."

Besonders lang und konkret ist die Wunschliste von Martin Schulz, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, die er in „Financial Times Deutschland" vorlegt: „Vier zentrale Politikfelder gehören auf die Agenda der transatlantischen Zusammenarbeit. Neben einer effektiven Bekämpfung der Rezession steht das Projekt "Bretton Woods II" an. Die Finanzkrise hat klar gezeigt, dass der internationale Finanzmarkt neue Spielregeln für mehr Transparenz und Kontrolle braucht. Zweitens: Energiesicherheit und Klimawandel bleiben eine Priorität. Europa muss als Vorreiter in der Klimapolitik auch in der wirtschaftlichen Krise zu seinen Klimazielen stehen. Die USA sollten sich als Zeichen, dass sie ihre Verantwortung annehmen, endlich auf verbindliche Richtlinien zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen festlegen. Drittens muss Obama den Schaden beseitigen, den die Bush-Regierung durch unilaterales Vorgehen und präemptive Militäraktionen dem Völkerrecht und der Uno zufügte. Die Anerkennung des Internationalen Gerichtshofs durch die USA und die Reform der internationalen Organisationen sind überfällig. Der vierte Punkt ist die Zusammenarbeit für die Sicherheit und die Stabilität in der Welt. Dazu zählt die Förderung der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Insbesondere im Konflikt mit dem Iran ist Obamas Bekenntnis zu Diplomatie und Dialog zu begrüßen."

Sehr viel selbstkritischer äußern sich hingegen in der gleichen Zeitung Paul Ehrlich in Bezug auf das Problem gesellschaftlicher Akzeptanz in der Bundesrepublik und Thomas Fricke hinsichtlich des deutschen Wirtschaftsgebarens: „ Der Fall der Mauer und der Ost-West-Konflikt sind für Obama Geschichte. Ob die deutsche Politik, vor allem die konservative Seite, die Bedeutung seines Wahlsieges auch emotional verstanden hat, darf bezweifelt werden. Mit Obama hat das multikulturelle Amerika gesiegt. Dass auch das Einwandererland Deutschland multikulturell ist, spiegelt sich in der hiesigen politischen Klasse noch kaum", soweit Paul Ehrlich.

Thomas Fricke, der Chef-Ökonom von „Financial Times Deutschland", hält es für überfällig, dass in Deutschland nicht länger als Tugend gehandelt wird, was in der beginnenden Rezession die Lage nur verschärfen kann: „Zum Rekorddefizit eines Landes gehört in einer (voraussichtlich) geschlossenen Welt immer mindestens ein Land, das mehr exportiert (und verkaufen darf), als es im Rest der Welt an Waren kauft. Und: Das trifft auf kein anderes Land außer China so atemberaubend zu wie auf Deutschland. Nach den neuen Prognosen der EU-Kommission steigt der deutsche Leistungsbilanzüberschuss kommendes Jahr auf 200 Mrd. Euro. Das entspricht rein rechnerisch rund 67 Prozent des (mittlerweile sinkenden) US-Außendefizits - und es legt zumindest den statistischen Verdacht nahe: Wenn Amerikas Defizite untragbar sind, könnten es nach aller Logik auch die deutschen Rekordüberschüsse sein.

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