23-07-2009 Beijing Rundschau
Gigantische Staatshilfen sorgen für Wachstum
von Wu Yanfei

Vor dem Hintergrund der Weltfinanzkrise ist es China gelungen, die Abkühlung der Wirtschaft, die während sieben aufeinanderfolgender Quartale angedauert hatte, zu bremsen und wieder ein beschleunigtes Wachstum zu verzeichnen. Im zweiten Quartal des Jahres beträgt das Wirtschaftswachstum 7,9 Prozent, 1,8 Prozentpunkte mehr als im ersten Quartal. Damit ist ein kleiner aber ermutigender Wendepunkt erreicht.

Nach dem Ausbruch der Finanzkrise Ende 2007 haben sowohl China, die USA, die EU als auch viele andere Länder enorme Geldsummen investiert, um die Wirtschaft mit Staatsbeihilfen zu stützen. Warum aber ist es China als erstem Land gelungen, die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen? Dazu Ökonom Lian Ping: "Man führt dies vor allem auf das vier Billionen Yuan schwere Konjunkturpaket und die lockere Finanzpolitik Chinas zurück. Zudem sorgen auch der große Nachholbedarf beim Bau von Infrastruktur und die ökonomische Kluft zwischen dem Osten und dem Westen des Landes für erhebliches Wachstumspotenzial." Er gehe davon aus, dass das Anfang des Jahres gesteckte Ziel, ein Jahreswachstum von 8 Prozent zu erreichen, durchaus realisierbar sei.

Auf einer Arbeitssitzung Anfang des Jahres hatte es Ministerpräsident Wen Jiabao als Hauptaufgabe der Regierung bezeichnet, ein Jahreswachstum von 8 Prozent zu sichern. Es sei für ein Land wie China mit 1,3 Milliarden Menschen von großer Bedeutung, mit relativ schnellem Wachstum den Arbeitsmarkt sowie die Gesellschaft zu stabilisieren, hieß es. Hu Xingdou, Professor der Technischen Universität Beijing, hält das Wachstumsziel von 8 Prozent zwar für erreichbar - vor allem dank staatlicher Konjunkturspritzen -, wies aber zugleich darauf hin, dass sich einige Daten nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hätten: „Das Problem ist, dass es China nicht gelungen ist, seine Wirtschaftsstruktur während der Krise zu optimieren, um dadurch langfristig die Konkurrenzfähigkeit zu verbessern. Beträchtliche Investitionssummen sind erneut in traditionelle und energieaufwändige Branchen geflossen. Von Steuerrückerstattungen profitieren vor allem die arbeitsintensive und wirtschaftlich ineffiziente Textil- und Spielzeugindustrie. Das Problem der Überkapazität der Produktion bleibt nach wie vor ungelöst. Innovationsindustrie sowie die Branchen, die in der Zukunft für nachhaltiges Wachstum wichtig sind, werden leider nicht so kräftig gefördert. Zudem sind die Investitionen zu sehr konzentriert auf staatseigene Unternehmen, die schon dank ihrer Monopolstellung ausreichend auf öffentliche Gelder zurückgreifen können, während die privaten Unternehmen, bei denen 80 Prozent aller Beschäftigten des Landes in Arbeit stehen, zu wenig bekommen haben. "

Meldungen zufolge leiden Privatunternehmen in China sehr unter Gewinnrückgang. Wegen der Finanzkrise ist ihr Umsatz-Gewinn-Verhältnis von fünf Prozent auf knapp ein Prozent geschrumpft. Etwa 40 Prozent der mittelständischen privaten Unternehmen sehen die Krise als existenzbedrohend an. Hu Xingdou meint, wegen der ungleichmäßigen Verteilung der staatlichen Hilfen würde die Privatwirtschaft in China unter noch stärkeren Druck gesetzt. „Da immer mehr staatseigene Unternehmen in die Reihe der Global Player vorrücken, wird der Lebensraum der privaten Unternehmen immer enger."

 Trotz dieser Probleme setzen die internationalen Finanzmärkte auf eine schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft und eine Aufwertung der Landeswährung RMB. Das Geld, das während der Finanzkrise aus dem chinesischen Markt gezogen wurde, ist wieder nach China geflossen. Außer fremdem Kapital gibt es noch zahlreiche inländische Investoren, die dringend nach Investitionsmöglichkeiten suchen. In den letzten sechs Monaten wurden in China Kredite in Höhe von 7,5 Billionen Yuan ausgereicht, aber nicht alle diese Gelder werden in die Realwirtschaft investiert. Viel Geld strömt auf die Aktienmärkte. Gegenüber dem tiefsten Punkt Ende letzten Jahres hat sich der chinesische Aktienindex in der ersten Jahreshälfte mehr als verdoppelt. Auch der Immobilienpreis in den großen Städten hat nach einer kurzen Verschnaufpause Anfang des Jahres wieder neue Rekordhöhen erreicht.

Mit dem Feuerwerk an der Börse und den Zuwächsen auf dem Immobilienmarkt kommen Freude und Bangen zugleich auf. Inflationsangst ist bereits spürbar, obwohl sich die Wirtschaft noch nicht vollständig erholt hat. Hu Xingdou meint, eine geringe Inflation sei günstig für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Sie diene dazu, den Beschäftigungsmarkt stabil zu halten und die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern. Er warnt aber vor einer drastischen Inflation, die durch eine zu große Geldmenge ausgelöst werden könnte. Er sieht in den Krediten in Höhe 7,5 Billionen Yuan sowie in den zwei  Billionen US-Dollar Devisenreserven Chinas eine erhebliche Inflationsgefahr.

Auch der Sprecher des staatlichen Statistikamtes, Li Xiaochao, bewertete auf der Pressekonferenz die Grundlagen der Erholung als instabil. Er meinte, auf dem Weg zum Wiederaufschwung lauern noch viele Unsicherheitsfaktoren. China müsse zur Zeit vor allem den radikalen Rückgang der Exporte bekämpfen, was auch ein Zeichen dafür sei, dass die Weltwirtschaft noch nicht am Wendepunkt angekommen sei, so der Sprecher. Ob der Aufschwung vor diesem Hintergrund dauerhaft sein kann, darauf wusste Hu Xingtou nur eine ausweichende Antwort zu geben. Er meinte, die schön aussehenden Wirtschaftsdaten seien vor allem auf die gigantische Staatshilfe zurückzuführen, die Inlandsnachfrage habe dabei nur eine geringfügige Rolle gespielt. Trotz aller Bemühungen der Regierung, wie Subvention für Haushaltsgeräte und landwirtschaftliche Maschinen, konnte die Inlandsnachfrage nicht wirklich belebt werden. Er führt dies auf die niedrigen Einkommen der Bevölkerung und die fehlende Sozialversicherung in China zurück. Das Problem der Überkapazitäten habe sich wegen des Rückgangs der Exporte noch verschärft, und der Gewinnrückgang der chinesischen Betriebe sei auch nicht gebremst. Deswegen kann man noch nicht von einem Qualitätswachstum sprechen, es sei eher ein künstlicher und unsicherer Anstieg, so Hu Xingdou.
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