28-07-2009 Beijing Rundschau
Markt für Eisenerz:Parallelmarkt beeinflusst Preispolitik

Obwohl China der weltweit größte Einkäufer von Eisenerz ist, hat das Land nur wenig Einfluss auf die Preisgestaltung dieses wichtigen Rohstoffes. Die Ursache für diese schwache Position: chinesische Stahlunternehmen sprechen nicht mit einer Stimme, um sich bei Preisverhandlungen Gehör zu verschaffen.

Keine Spur von Einfuhrstopp

Schon Anfang Juli haben die drei multinationalen Konzerne Rio Tinto, BHP Billiton Ltd.) und Vale of Brazil bekannt gegeben, dass sie Eisenerz nicht mehr auf dem Warenterminmarkt anbieten wollen. Diese Großen Drei beliefern den Weltmarkt mit 90 Prozent allen Eisenerzes.

Dennoch herrscht reges Treiben in chinesischen Häfen: Eisenerz wird nach wie vor in rauen Mengen angeliefert. In 19 chinesischen Überseehäfen liegen derzeit mehr als 100 Millionen Tonnen auf Halde.

Händler und Hafenmeister machen sich über die Mitteilung der drei Konzerne lustig: „China ist so ein großer Markt, wohin sonst wollen sie denn ihre Produkte verkaufen, wenn nicht an China?“ Sie meinen, dass der Verband der chinesischen Stahlindustrie und die drei Bergwerkskonzerne lediglich ihre Muskeln spielen lassen.

Parallelmarkt beeinflusst Preispolitik

Der Warenterminmarkt spielt in China für diesen Rohstoff eine wichtige Rolle.

Beim Eisenerzhandel wird unterschieden zwischen Lokogeschäften, also Transaktionen, die auf dem Warenterminmarkt abgewickelt werden, und langfristigen Lieferverträgen mit festen Abnahmemengen. Bei Lokogeschäften variiert der Preis entsprechend den Schwankungen auf dem Markt, während der Fixpreis meist für die Dauer eines Jahres zwischen den Eisenerzlieferanten und den Stahlproduzenten vereinbart wird. Normalerweise liegt der Preis auf dem Warenterminmarkt viel höher als der Preis bei langfristigen Lieferverträgen. Seit 2004 aber ist der Vertragspreis stetig gestiegen und liegt heute über dem Preis auf dem freien Markt. Wegen der Wirtschaftskrise gehen die Preise auf dem Warenterminmarkt zudem weiter in den Keller.

Der 30. Juni war der letzte Tag der Preisverhandlungen zwischen den drei Weltmarktführern und dem Verband chinesischer Stahlproduzenten. Die drei Konzerne haben die Forderung des Stahlverbands nach einer Preissenkung um 40 Prozent nicht akzeptiert, man war allenfalls zu einem Preisnachlass von 33 Prozent bereit.

Beobachter bringen die Verhaftung der drei Mitarbeiter von Rio Tinto Anfang Juli in Shanghai in Zusammenhang mit dem enttäuschenden Ausgang der Preisverhandlungen. Durch Bestechung sollen sie sich in den Besitz von Informationen über die Verhandlungsstrategie der chinesischen Seite gebracht haben. 

Ob die Anschuldigungen gegen die Manager von Rio Tinto fundiert sind, vermag derzeit niemand mit Gewissheit zu sagen. Eines scheint hingegen sicher zu sein: das Ergebnis der Preisverhandlungen ist nicht allein von der Kenntnis sensibler Daten abhängig.

China kauft 50 Prozent aller auf dem Weltmarkt angebotenen Eisenerze. Als größter Einkäufer sollte China eigentlich mehr Einfluss auf die Preisgestaltung haben. Der chinesische Stahlmarkt weist allerdings eine Besonderheit auf: Nur die Hälfte des importierten Eisenerzes stammt aus langfristigen Lieferungen, die andere Hälfte wird über den Warenterminmarkt bezogen. Für Japan und die USA ist der Terminmarkt hingegen kaum von Bedeutung: in diesen Ländern werden 95 Prozent aller Eisenerzgeschäfte über langfristige Lieferverträge abgewickelt.

Aber auch die Struktur der chinesischen Stahlindustrie unterscheidet sich deutlich von der anderer Länder: der Anteil der großen staatlichen Konzerne am Gesamtaufkommen der Stahlproduktion beträgt lediglich 40 Prozent. In Japan haben die großen Unternehmen hingegen einen Marktanteil von 70 Prozent.

Für Hou Zhiyun, dem stellvertretenden Direktor des Lange Steel Information Center, einer Einrichtung der chinesischen Stahlindustrie, ist die Sache klar: „Die tiefere Ursache für das Scheitern der Preisverhandlungen liegt am ungeregelten Markt für Eisenerzimporte. Während wir alljährlich mit den Anbietern über die Preise verhandeln, kaufen mittelständische Stahlunternehmen wie verrückt Eisenerz auf dem Warenterminmarkt, so dass sich die erhöhte Nachfrage natürlich auch in höhere Vertragspreise überträgt. Das schwächt unsere Verhandlungsposition.“

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