10-11-2009 Quelle: Nanfang Weekend
Guangzhous gläserner Haushalt
 

 

Eine Bürgerinitiative beantragt die Offenlegung des Etats der Stadt am Perlfluss Guangzhou und verzeichnet nach einem Jahr einen unerwarteten Erfolg. Zum ersten Mal veröffentlicht eine chinesische Stadt ihre Einnahmen und Ausgaben im Internet. Die Bürger haben jedoch landesweit noch weitere dreißig Anträge laufen, die alle auf eine höhere Transparenz der Verwaltung zielen. Jetzt warten sie auf positive Bescheide.

 

Anruf aus dem Finanzamt

Am 16. Oktober klingelt nachmittags um zwei Uhr das Telefon: „Ist Herr Li zu sprechen? Hier ist das Finanzamt der Stadt Guangzhou ..."

Der 27-jährige Li Detao ist einer der Freiwilligen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, den Etat öffentlicher Einrichtung im Auge zu behalten, beziehungsweise zu versuchen, ihn überhaupt erst einmal zu Gesicht zu bekommen. Er arbeitet in der Junliang Asset-Management Firma. Vor acht Tagen hat er auf der Homepage des städtischen Finanzamtes den Antrag auf Veröffentlichung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2009 gestellt. Die oberste Finanzbehörde der Stadt Guangzhou ist chinaweit nur eines der Ämter, bei denen Li und seine Mitstreiter die Offenlegung des Etats verlangt haben.

Am Morgen des 16. Oktober hatte Li gerade die abschlägige Antwort des Shanghaier Stadtfinanzamtes bekommen, dass die von der Bürgerinitiative verlangten Daten als „Staatgeheimnis" eingestuft würden und nicht veröffentlicht werden könnten.

So war der Anruf aus dem Guangzhouer Stadtfinanzamt für Li eine große Überraschung. Der Anrufer erklärte ihm höflich, dass sich der Haushalt der Stadt Guangzhou auf 114 Behörden und Ämter verteile, weshalb es sehr umständlich sei, den Datensatz per Email zu versenden. Deswegen habe die Regierung alle Informationen auf der Homepage des Finanzamtes veröffentlicht. Unter dem Link http://www.gzfinance.gov.cn/zwgk/sjtj/index.htm kann man die Daten abrufen.

Mit großer Spannung öffnete Li die Homepage des Finanzamtes. Unter der Rubrik „Stadtangelegenheiten" klickte er auf die Unterrubrik „Haushalt der Guangzhouer Stadtregierung". Dort gibt es Dateien über den Haushalt der 114 Behörden und Ämter auf Stadtebene. Vier Stunden lang lud Li die Dokumente herunter: Ein beeindruckendes Datenpaket von 2,08 Gigabyte.

„Das ist der erste im Internet veröffentlichte Haushalt!", sagt Wu Junliang, Gründer der Bürgerinitiative. Von Anfang an betont er, dass das Bemühen der Gruppe um eine Veröffentlichung der Informationen nicht ihrem Privatvergnügen entspringt, sondern für die ganze Gesellschaft von großer Bedeutung sei. Es ist sinnvoller für die Gesellschaft, auf einer Veröffentlichung der Etats zu bestehen, anstatt ohne sachliche Grundlage über die Ausgaben ihrer Städte zu spekulieren. Die Offenlegung der städtischen Haushalte im Internet ist ein wichtiges Ziel der Bürgerinitiative: „Als wir 2008 mit unserer freiwilligen Tätigkeit begannen, dachten wir, dass es mindestens drei bis fünf Jahren dauern würde, bis Regierungsbehörden dazu bereit wären, ihre Etats im Internet zu veröffentlichen. Die großartige Aktion der Stadt Guangzhou hat uns drei Jahre Warten erspart."

 

Sinneswandel nach einem Jahr

Wu Junliang und zwei weitere Mitglieder der Initiative haben Ende Mai zum ersten Mal die umfassende Kenntnis über den gesamten Haushalt der Stadt Shenzhen erlangt. Allerdings konnten sie damals den Haushalt der Stadtregierung Shenzhen mit 300 Seiten nur im Lesesaal des städtischen Finanzamtes lesen, keinesfalls durften sie ihn ausleihen oder kopieren. Aber das war besser als nichts: Fast alle anderen Anträge auf Einsichtnahme in die Haushalte von Stadtregierungen und Ministerien waren abschlägig beschieden worden.

Li Detao hatte bereits im Vorjahr bei der Stadtregierung von Guangzhou einen entsprechenden Antrag gestellt, aber eine Ablehnung einstecken müssen. Wie ist der plötzliche Sinneswandel der Behörde zu erklären?

Zhuang Tingqin vom Guangzhouer Finanzamt erklärt in einem Telefoninterview, dass seine Behörde zwar bereits 2008 eine entsprechende Anfrage bekommen habe. Damals aber hätte man nicht so viel über Politik gewusst, deshalb sei der Haushalt nicht veröffentlicht worden. Zhuang ist der Finanzbeamte, der Li im Oktober angerufen hat.

Nachdem sie in diesem Jahr einen gleichlautenden Antrag erhalten hatten, erstattete der Mitarbeiter dem Direktor des Finanzamtes darüber Bericht: „Die Haltung des Amtsleiters war ganz klar. Und dann hat einen offiziellen Aktenvermerk angebracht", erzählt Zhuang.

Zhuang hat den Aktenvermerk des Direktors Wort für Wort vorgelesen: „Alles, was der Transparenz der Regierungsgeschäfte dient, soll den Antragstellern zugänglich gemacht werden. Außerdem hoffe ich, dass diese Informationen bald auf der Homepage unseres Amtes veröffentlicht werden können. Wir sollten dem unter Bürgern weit verbreiteten Eindruck entgegenwirken, dass wir unwillig wären, das Verwaltungshandeln transparent zu gestalten. Wir sind Beamte und dienen dem Volke. Mit Ausnahme der Dokumente, die als 'geheim' eingestuft sind, sollten wir unsere Arbeit klar und offen darstellen."

Kurz darauf wurde der Etat im Internet veröffentlicht.

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