08-04-2010 Beijing Rundschau
"Virtuelle Gräber” - kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Formen des Totengedenkens

Geringe Kosten und eine CO2-arme Praxis verspricht eine neue Form der Totenehrung. Am Qingming-Fest, vergleichbar mit dem katholischen Allerseelen-Fest und dem protestantischen Totensonntag, ist dies erstmals breiter in Erscheinung getreten: ein Mausklick genügt, um seiner Verpflichtung nachzukommen, die Gräber der Ahnen zu besuchen.

Ein freier Tag reicht für den Beijinger Juristen Song Qin nicht aus, um das Familiengrab in der Provinz Anhui zu besuchen, um dort den verstorbenen Großeltern seine Referenz zu erweisen.

Der findige Herr Song aber weiß einen Ausweg. Er hat online zwei Grabmale für sie errichtet, jedes kostet ihn nur zehn Yuan (ca. einen Euro). Zusammen mit vielen Fotografien hat er einige Geschichten aus gemeinsam verlebten Tagen ins Netz gesetzt.

"Die Website funktioniert wie ein Blog. Das ist ein zeitgemäßer und umweltfreundlicher Weg, um das traditionelle Fest des Totengedenkens zu begehen. Besonders gut für junge Leute geeignet, die unter großem Arbeitsdruck stehen", meint Song Qin.

Der Online-Dienst wird seit dem 31. März von 1000soul.com auf dem Surfer von tsingming.com angeboten, eine Kooperation der China Funeral Association, Alephan Group und Beijing Zhina Global Investment Management Co Ltd.

Bis 4. April sind dort bereits 14 000 Online-Gräber errichtet worden.

Wer sich auf die Website einloggt, kann die Provinz oder Region anklicken, in welcher der Verstorbene gelebt hat. Nach der Wahl des Friedhofs kann man mit virtuellen Kupfermünzen, von denen zehn Stück einen Yuan kosten, eine Grabstätte erwerben. Anschließend kann der User Blumen darbringen, Kerzen und Weihrauchstäbchen anzünden und Gesänge intonieren.

Ye Dongdong, Entwicklungsmanager von 1000soul.com und einer der Urheber der Website, erzählt, dass er mit einem Team von dreißig Leuten das Projekt gestartet hat. Obwohl derzeit die meisten der angebotenen Dienstleistungen kostenfrei sind, handelt es sich um ein kommerzielles Webportal.

"Gebühren und künftige Angebote hängen vom Feedback unserer User ab", sagt Ye.

Ye hebt hervor, dass sein Angebot nicht darauf abzielt, die traditionellen Zeremonien zu ersetzen. Es gehe ihm darum, die Formen zu erweitern, mit denen die Angehörigen den Verstorbenen Respekt erweisen und ihre Dankbarkeit ausdrücken können.

Das Online-Angebot ist in der Lage, Wünsche der Verstorbenen zu erfüllen, die sonst nur schwer zu verwirklichen wären. „Wenn der Verstorbene zum Beispiel den Wunsch hegte, in Südafrika beerdigt zu sein, können wir das Grab vor den Hintergrund einer Prärielandschaft setzen", so Ye Dongdong.

Zhu Yong, Vizedirektor der Forschungsabteilung 101 im Innenministerium, spricht davon, dass in immer mehr Ländern diese umweltfreundliche Art der Bestattung beliebt ist. Mit Online-Beerdigungen ließen sich Kosten und Ressourcen sparen. Zugleich eröffneten sie den Trauernden einen bequemen Weg des Gedenkens an die Toten.

Shen He, ein 27-jähriger Reiseführer aus Beijing, sagt: „Ich gebe zu, dass ich des alljährlichen Friedhofbesuchs überdrüssig bin. Die Menschenmassen an den Gräbern, die Verkehrsstaus und dann noch die rauchgeschwängerte Luft, und überall fliegt Asche rum, wenn das Papiergeld angezündet wird. Aber das Online-Grab sieht wie ein Computerspiel aus. Diese Form des Gedenkens mag ich nicht, das ist mir einfach nicht feierlich genug."

Tang Binling ist 73 Jahre alt und wohnt im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang. Er meint: "Das Online-Gedenken kann ich nicht so leicht akzeptieren, denn wir sollten schon in formvollendeter Weise unsere Verstorbenen ehren. Dazu gehört es, ihre Gräber zu besuchen und uns vor ihren Bildnissen zu verbeugen. Es genügt nicht, einfach nur einen Mausklick ins Internet zu setzen! Mir ist es allerdings gleich, ob meine Kinder nur einen virtuellen Grabstein errichten, wenn ich gestorben bin. Ich möchte nicht, dass sie unnötig Geld ausgeben für überflüssige Dinge. Ich wünsche mir, dass sie ihr Geld für ein besseres Leben aufwenden."

 
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