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„Qiongyou“ – Die neue, große Lust der Chinesen am Reisen mit kleinem Budget

Von Verena Menzel  ·   2016-05-05  ·  Quelle:China Heute
Stichwörter: Reisen;Tourismus;Qiongyou
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„Froh schlägt das Herz im Reisekittel, vorausgesetzt man hat die Mittel“, unkte der einflussreichste humoristische Dichter und Zeichner Deutschlands Wilhelm Busch (1832 - 1908) bereits Mitte des 19. Jahrhunderts. Nur wenige Jahre zuvor hatte der Brite Thomas Cook die erste Pauschalreise angeboten. Dennoch war Reisen im 19. Jahrhundert in Europa noch immer ein Privileg von Adeligen, Geschäftsleuten und Wohlhabenden. Auch heute, in Zeiten von Urlaubsregelungen und dem Tourismus als weltweit vernetzter Massenindustrie ist Reisen noch immer ein - wenn auch kleiner - Luxus, der vor allem zwei Ressourcen voraussetzt: Zeit und Geld. Von dieser Erkenntnis weiß man auch in China ein Lied zu singen: „Ich will nach Guilin, ja ich will nach Guilin, aber wenn ich Zeit hab’, hab’ ich kein Geld ... und wenn ich Geld hab’, hab’ ich keine Zeit“, heißt es da in einem beliebten Schlager des chinesischen Sängers Chen Kai (陈凯). 

Doch die Chinesen sind seit einigen Jahren trotzdem im Reisefieber, vor allem die Angehörigen der aufstrebenden Mittelschicht. Seit der Reform und Öffnung dürstet es viele im Reich der Mitte nach einem ausgiebigen Blick über den Tellerrand der eigenen Landesgrenzen. Einem individuellen Blick, den sich die Chinesen nicht mehr gehetzt durch das hektische Anpeitschen eines Reiseführers per Megaphon oder durch aufreibende Sehenswürdigkeitenmarathons trüben lassen wollen. Doch eben auch nicht durch die oft horrenden Preise exklusiv gebuchter Pauschalreisen für Einzeltouristen. 

Stattdessen schwört Chinas junge Generation heute auf das so genannte „Qiongyou“, ein Reisegefühl, das sich, wie man sieht, sogar sprachlich in einem neuen Begriff manifestiert hat. Wörtlich bedeutet „Qiongyou“ „arm reisen“, ein Schlagwort, das in China mittlerweile zum Inbegriff eines neuen touristischen Selbstverständnisses geworden ist. Stand das Wort anfangs noch für Backpacker-Mentalität, Zeltnächte und Nachtbusfahrten, Couchsurfing und lange Fußmärsche, hat der Begriff es heute in den Mainstream der neuen Individualtourismus-Arena geschafft. Und in die drängen derzeit immer mehr Chinesen der so genannten Post-Achtziger- und Post-Neunziger-Generation. 

Als Folge des Trends heißt „arm reisen“ längst nicht mehr Dreitagebart und Dosennahrung, sondern vielmehr sich gekonnt mit niedrigem Budget eine Reise selbst zusammenzustellen, einzigartig und genau auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt. Dass dabei kleine Dorfpensionen mit authentischem Landflair und AirBnB-Unterkünfte von Einheimischen, Hausmannskost lokaler Gaststätten und die Fortbewegung per öffentlicher Verkehrsmittel oft preisgünstiger daherkommen als die von Reiseveranstaltern geschnürten Pauschalpakete, erscheint da fast nur noch als willkommener Nebeneffekt. Zentraler Kern des „Qiongyou“ ist vielmehr die neue Sehnsucht der Chinesen nach authentischen Reiseerlebnissen jenseits der touristischen Infrastruktur. Nicht mehr ausgetrampelte Eifelturmumrundungen im Gleichschritt also, sondern das Wandeln auf individuellen Reiserouten. 

Rund 27,1 Prozent aller chinesischen Touristen, die über das Internet buchen, sind heute bereits Individualtouristen, die sich ihre Reise frei nach den eigenen Vorlieben zusammenstellen, wie eine Erhebung des chinesischen Reiseportals LY.com über die Verbrauchertrends der chinesischen Reisebranche 2015 zeigt. Ob günstige Flugtickets und Unterkünfte oder ausgefallene kulturelle Programmpunkte – auch bei chinesischen Touristen scheinen Reisen von der Stange zunehmend aus der Mode zu kommen. Nur noch rund 54 Prozent aller Internetnutzer buchen der Studie zufolge die klassische Gruppenreise. 

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