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Wandel auf dem Land: Dieses Dorf in Chongqing taugt zum landesweiten Vorbild

Von Lü Yan  ·   2023-07-19  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Chongqing;Tourismus
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Handarbeit: Rentnerinnen fertigen vor einer Werkstatt im Dorf Hejiayan Miao-Stickereien an. Mit dem Erlös verdienen sie sich ein kleines Zubrot. (Foto: Lü Yan)  

He Ran, geboren und aufgewachsen im Dorf Hejiayan in Youyang, einem autonomen Kreis der Tujia und Miao in der regierungsunmittelbaren Stadt Chongqing, zog es einst in die Ferne. 

„Es war hier im Dorf eher schmutzig und unorganisiert, und es gab kaum gute Jobmöglichkeiten für mich“, erzählt die 24-Jährige der Beijing Rundschau. Aber jetzt, als Managerin eines lokalen Cafés und Gasthauses, hat sie es sich anders überlegt. Sie will sich dauerhaft in Hejiayan niederlassen und mitanpacken, damit sich in der Heimat etwas bewegt. 

Der Sinneswandel kam nicht von ungefähr. Er kam mit der allmählichen Verwandlung ihres Heimatdorfes. In den letzten Jahren haben lokale Behörden und Dorfbewohner gemeinsam daran gearbeitet, das alte und rückständige Dorf behutsam in einen Touristenort zu verwandeln, der die traumhafte Landschaft mit ethnischen Besonderheiten und moderner Infrastruktur verbindet. Das kommt nicht nur den Einheimischen zugute, sondern lockt Besucher aus dem ganzen Land an. 

   

Hat die alte Heimat neu für sich entdeckt: Café- und Gasthausmanagerin He Ran (Foto: Lü Yan)  

Eigene Chefin auf dem Land  

Nach ihrem Abschluss an einer Fachhochschule mit den Schwerpunkten Tourismusdienstleistungen und Hotelmanagement arbeitete He Ran zunächst in einem Hotel in der Chongqinger Innenstadt, etwa 380 Kilometer von Hejiayan entfernt. Im Zentrum der Millionenmetropole wollte sie den Lebensstil einer modernen Großstadt genießen, versprach sich bessere Arbeitsmöglichkeiten. 

Aber irgendetwas fehlte. Und das war die Chance, ihren Unternehmergeist zu entfalten. Dann lernte sie einen leitenden Mitarbeiter des Tech-Giganten Tencent kennen, der mehrere Projekte zur Modernisierung von Dörfern betreute. Durch ihn erfuhr sie von einem Projekt namens Countryside CEO. Die Aktion wurde 2021 gemeinsam von der China Agricultural University und Tencent ins Leben gerufen und zielt darauf ab, professionelles Führungspersonal zu fördern, damit es profitable Unternehmen in den ländlichen Gebieten leiten kann. Denn Chinas Landstriche leiden im Allgemeinen unter Fachkräfteschwund, da es insbesondere junge Leute meist in die großen Städte zieht. 

Die Organisatoren des Projekts arbeiteten auch mit dem Kreis Youyang zusammen. Hejiayan war sogar einer der ersten Kooperationsstandorte. Auf die Frage, ob sie nach Hause zurückkehren und mit dem Projekt etwas für ihre Heimat tun wollte, antwortete Ren mit einem klaren „Ja!“. 

So begann die junge Tourismusmanagerin im Jahr 2021 an Schulungen des Projekts teilzunehmen, in deren Rahmen Fachleute wie erfolgreiche Internetunternehmer und Experten der China Agricultural University ihr Wissen und ihre Erkenntnisse teilten. 

Seither sind etwa zwei Jahre ins Land gegangen und die junge Frau hat einige sinnvolle Dinge für ihren Heimatort getan. Neben der Gründung des Cafés, in dem sie heute arbeitet, hat sie den Dorfbewohnern geholfen, einige neue Geschäfte wie Bed & Breakfasts und einen Selbstbedienungsladen zu eröffnen. 

„Wir fangen bei null an und zerbrechen uns immer wieder den Kopf darüber, wie wir die Geschäfte optimieren können. Wir diskutieren auch, wie wir unser Dorf online bekannter machen können, um mehr Touristen anzuziehen“, sagt die Nachwuchsmanagerin. „Wir alle bringen Ideen ein und haben dazu beigetragen, unser Dorf zu dem zu machen, was es heute ist.“ 

Vom Armutsflecken zum Touristenparadies  

Hejiayan liegt im südöstlichen Teil der Bergstadt Chongqing. „Hejia“ bezieht sich auf die lokalen Familien, die meist den Nachnamen He tragen, und „Yan“ bedeutet „Steine“. Der 2100-Seelen-Ort liegt direkt an felsigen Berghängen. 

In der Vergangenheit war der Reisanbau die Haupteinnahmequelle der lokalen Bauern. Trotz der guten Qualität des Getreides, das auf den fruchtbaren Terrassenfeldern sprießt, behinderte der umständliche Transport den Verkauf nach außerhalb. Das Dorf lag lange unter der nationalen Armutsgrenze, sprich das jährliche Pro-Kopf-Einkommen betrug weniger als 2300 Yuan (etwa 290 Euro). Wie in vielen armen chinesischen Dörfern mussten junge Menschen auswärts arbeiten und ließen dafür meist Kinder und Senioren zurück, sowie großflächige brachliegende Felder. 

Vor etwa einem Jahrzehnt begann die lokale Regierung dann, Landwirte zur Gründung von Genossenschaften zu ermutigen, um Getreide auf größeren Flächen anzubauen. Die Behörden halfen den Einheimischen auch dabei, eigene Marken aufzubauen und ihre Marketingkanäle zu erweitern. Durch die Einführung eines solchen Unterstützungsmechanismus wurden die Verkäufe angekurbelt und die Einkommen der Landwirte stiegen. 

In den letzten Jahren hat das Dorf auch digitale Technologie eingeführt, um seinen Reis online zu verkaufen. Durch die Registrierung in einem bestimmten Mini-Programm der Alleskönner-App WeChat von Tencent können Menschen im ganzen Land nun ein Grundstück pachten und avancieren so gewissermaßen zu „Cloud-Landwirten“. Die lokalen Bauern kümmern sich um den Reisanbau und lassen die Ernte dann an die Häuser der Kundschaft liefern. Die Kunden können das Pflanzenwachstum sogar per Live-Stream überwachen und online in Echtzeit detaillierte Informationen abrufen, zum Beispiel Bodenfeuchtigkeitsdaten. 

Aber hier macht das Dorf noch längst nicht halt. Es hebt die Verbesserung seiner Lebensbedingungen und die touristische Entwicklung kontinuierlich auf die nächste Stufe, indem es seine natürliche Landschaft, die traditionelle ethnische Architektur und die örtlichen Volksbräuche clever nutzt. In der Vergangenheit züchteten die Haushalte das Vieh noch in ihren eigenen Höfen. Der Geruch und der Anblick der allgegenwärtigen Exkremente waren höchst unangenehm. Später baute die Regierung einen großen zentralen Schweinestall und einen Gemeinschaftskuhstall, beide fußläufig erreichbar, und ermutigte alle Bauern, ihr Vieh dort zu züchten und ihre Häuser frisch und sauber zu halten. Ein alter Getreidespeicher wurde kurzerhand zum Museum umfunktioniert, das heute die Geschichte und Entwicklung des Dorfes nachzeichnet. 

Hejiayan, das Stolz auf seine vielen Traditionen als immaterielles Kulturerbe ist, hat es geschafft, deren Erhaltung und Förderung mit dem Tourismus zu verbinden. Zum Beispiel organisiert der Ort Veranstaltungen und lädt Touristen ein, beim Handwink-Tanz mitzumachen, einer traditionellen Gemeinschaftsaufführung der ethnischen Gruppe der Tujia, bei der alle Tänzer einen großen Kreis bilden und mit frei schwingenden Armen und Beinen nach verschiedenen Formationen zu rhythmischen Trommel- und Gongschlägen tanzen. 

Souvenirläden bieten Reisenden derweil handbestickte Artikel der ethnischen Gruppe der Miao an, die für ihr Kunsthandwerk bekannt ist. Etliche Dorfbewohner im Ruhestand, insbesondere ältere Frauen, verdienen sich nach erfolgreicher kostenloser Schulung in lokalen Werkstätten heute mit der Herstellung dieser Produkte ein Zubrot. 

2012 lag das Pro-Kopf-Nettoeinkommen der Bauern in Hejiayan noch unter 3000 Yuan (etwa 380 Euro). 2022 empfing das Dorf 56.000 Besucher und erzielte Einnahmen von über acht Millionen Yuan (1,01 Millionen Euro). 

Auch für He Gang, Betreiber einer Herberge, ist das Leben einfacher geworden. Mit 16 fing er an, Gelegenheitsjobs in nahe gelegenen Städten zu suchen. Später, als er bereits Vater von zwei Kindern war, hatte er immer noch Mühe, über die Runden zu kommen. 2017 kehrte er, bereits in seinen Vierzigern, nach Hejiayan zurück und stieg in die Tourismusbranche ein. Heute erwirtschaftet sein Gasthaus jedes Jahr etwa 160.000 Yuan (rund 20.000 Euro), obwohl es nur in der Hochsaison von März bis Oktober Gäste empfängt. Zum Vergleich: Das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Landbevölkerung lag im Jahr 2022 nach Angaben des Presseamtes des Staatsrats bei 20.133 Yuan (rund 2540 Euro). „Ich bin sehr glücklich mit meinem Leben und habe nichts zu beanstanden“, sagt He heute. 

He ist ebenfalls ein Mitglied von Countryside CEO und teilt seine Erfahrungen oft mit anderen Gasthausbesitzern im Dorf, die ihre Angebote verbessern möchten. „Wenn es einigen von uns besser geht, ist das noch kein Wohlstand. Echten gemeinsamen Wohlstand erreicht man nur, wenn es dem ganzen Dorf besser geht“, so seine Philosophie. 

Die landwirtschaftliche Modernisierung und der Tourismus ebnen für viele chinesische Dörfer den Weg zu einem besseren Leben. Lu Dong, Parteisekretär des Dorfkomitees, betont gegenüber der Beijing Rundschau, dass es enorm wichtig sei, die lokalen Stärken zu nutzen. „Wir werden alles geben, damit Hejiayan beim ländlichen Aufschwung unseres Landes weiterhin Modell steht“, sagt er mit Blick auf die Zukunft. 

LINKS:

Adresse: BEIJING RUNDSCHAU Baiwanzhuanglu 24, 100037 Beijing, Volksrepublik China


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