31-07-2014
Blog
Foto gefällig? – Erste Begegnungen mit Peking
von Nina Romming

Das erste Mal in China, eineinhalb Monate Praktikum bei der Beijing Rundschau. Die erste Woche habe ich heil überstanden.

Meine Ankunft

Mein erster Eindruck von China sind die ernsten Gesichter der Grenzbeamten am Ende der Einreise-Schlange für Ausländer. Ich bin gerade in Peking gelandet und noch weiß ich nichts von dem, was mich da draußen erwartet. Noch befinde ich mich im wohltemperierten Pekinger Flughafen, irgendwo zwischen Ankunftsgate, Gepäckausgabe und dem lang ersehnten Eingang ins Reich der Mitte. Nachdem das ernste Gesicht vor mir einen prüfenden Blick auf meinen Pass geworfen und zu meiner Erleichterung - für mich fast feierlich - einen roten Eingangsstempel auf mein Visum gepresst hat, kann ich endlich dieses Land betreten, das ich schon fast zwei Jahre lang studiere, aber nie mit eigenen Augen gesehen habe.

Als die Tür zur Außenwelt aufgeht, empfängt mich eine so hohe Luftfeuchtigkeit und Hitze, wie es sie in Deutschland nur ganz selten oder gar nicht gibt. Ein chinesischer Freund holt mich vom Flughafen ab. Er meint, heute sei ein kühler Tag. Puuh...- das kann ja heiter werden.

Ich bin froh, dass er mich abholt, denn als jemand, der des Chinesischen nur in Ansätzen mächtig ist, prasseln die chinesischen Schriftzeichen ganz schön auf das Jetlag-geplagte Gehirn ein. Lesen kann ich kaum etwas. Hier und da mal ein Zeichen. Mit dem Bus geht es zu einem anderen Terminal und dann in den Zug, der uns ins die Innenstadt Pekings bringen soll. Im Bus fällt mir das erste Mal das immerwährende Gewusel der vielen Menschen auf. Das Landei in mir fängt an, sich zu gruseln.

Wohnen in Peking

Die Sonne geht hinter den Hochhäusern gegenüber meines Appartments unter(Foto von Nina Romming)

Nach einer einstündigen Reise durch halb Peking, mit Umsteigen und Fahrstuhl fahren und dem ersten Genuss von "Please stand firm and hold the handrail!" auf den Rolltreppen der U-Bahn, dass einem wie das „Mind the gap!" Londons bald nicht mehr aus dem Kopf geht, kommen wir endlich an. Die Wohnung, in der ich unterkomme, ist ein kleines Apartment im zehnten Stock eines grauen Wohnblocks. Ich teile sie mir mit Elena, einer Chinesin, die Deutsch lernen will. Mein Bett steht im Wohnzimmer neben der Couch. Der Platz reicht mir und unter der Klimaanlage schläft es sich angenehm kühl. Abends um halb Acht kann ich von meinem Bett aus beobachten, wie die Sonne langsam hinter den gegenüberliegenden Hochhäusern verschwindet.

Das Apartment liegt im Fengtai-Bezirk im Südwesten der Stadt. Dieses Gebiet gehört zu den ärmeren Teilen Pekings, sagt Elena. Abends sortieren viele Müllsammler ihre Tagesbeute am Straßenrand. Direkt neben den glitzernden Shopping-Malls gibt es hier auch dreckige und dunkle Ecken. Aber fast alle Menschen, die ich treffe, sind sehr warmherzig, hilfsbereit und geduldig mit meinen Versuchen, auf Chinesisch zu sprechen.

Begegnungen mit Chinesen

Als ich mich z.B. einmal zum x-ten Mal auf einem meiner Streifzüge durch die Pekinger Gassen verlaufen habe, kommt ein lächelnder Sicherheitsmann auf mich zu und fragt, ob er mir helfen könne. Ich glaube jedenfalls, dass er das gesagt hat. Mit Händen, Füßen und meiner Karte versuche ich, ihm zu erklären, wo ich hin möchte und dass ich nicht weiß, wo ich mich gerade befinde. Nach einigen Missverständnissen gibt er mir bereitwillig Auskunft. Dann fragt er mich noch, wo ich denn herkäme, und murmelt nach meiner Antwort lächelnd: „Ah, das deutsche Volk."

Als Blonde und Blauäugige falle ich in Pekings Strassen sehr auf und obwohl die meisten Pekinger sich an Ausländer gewöhnt zu haben scheinen, gibt es immer noch viele, vielleicht chinesische Touristen, die ungläubig starren, wenn sie mich sehen.

Einmal sitze ich im Krankenhaus und warte auf Elena. Ich hatte gerade endlich in einem Straßenladen eine chinesische Sim-Karte erstanden und versuchte nun verzweifelt, mein High-Tech-Handy zu öffnen. So versunken in diese Aufgabe sitze ich da, dass mir kaum auffällt, dass sich ein Mädchen neben mich setzt. Ich schaue auf und siehe da, ihre Mutter macht von mir und ihrer Tochter fleißig Fotos. Das passiert mir auch immer wieder auf der Straße. Der Fotograf geht extra ein paar Schritte zurück, damit ich, die da gerade unbeteiligt rumsteht, noch irgendwie mit auf das Foto komme. Ein anderes Mal sitze ich in der U-Bahn neben einer alten Frau. Nach circa fünf Minuten wirft sie einen Blick in meine Richtung. Sie macht plötzlich einen derartig entgeisterten Eindruck, als sie sieht, wer da neben ihr sitzt, dass ich amüsiert lächeln muss. Sofort lächelt sie zurück, dass sich die Fältchen um ihre Augen um die Wette runzeln.

Atmung in der U-Bahn

Ein gewöhnliches Bild: Menschen versuchen sich während der Rush-Hour in eine U-Bahn zu drängen (Foto von Nina Romming)

Die Pekinger U-Bahn ist übrigens wirklich nur in den Stoßzeiten so vollgestopft, wie es in deutschsprachigen Medien dargestellt wird. Dann gibt es tatsächlich Menschen, die von außen nachschieben, damit mehr Menschen in die Waggons passen. Ansonsten, also zur Mittagzeit oder am Abend, ist es durchaus angenehm, U-Bahn zu fahren. Dann hält sich mein Landei-Grusel vornehm zurück. Die Klimaanlage kühlt und meistens findet man sogar einen Platz zum Sitzen.

Leider habe ich einmal den Fehler gemacht, genau zur morgendlichen Rush-Hour zur Verbotenen Stadt zu fahren. Da ich größer bin als die meisten Chinesen, konnte ich trotz Gedränge und Geschubse gut in der U-Bahn Klimaanlagenluft atmen. Aber nach diesem klaustrophobischen Abenteuer war mir nicht mehr danach, den Menschenmassen auch noch bis zur größten Touristenattraktion Pekings zu folgen.

Kleine Idyllen

Die Hutongs und die traditionellen Märkte gefallen mir bei meinen Streifzügen zu Fuß am besten. Die kleinen Gassen versprühen noch den Charme eines vergangenen Chinas, der an anderen Stellen der Bauwut des neuen, aufstrebenden Chinas weichen musste. Die Märkte quellen vor frischen, grünen Waren über. Die Auswahl an Gemüse- und Fleischsorten ist größer als auf den meisten deutschen Märkten. Der Ton der Verkäufer ist ruppig, aber freundlich. Es summt vor Geschäftigkeit.

Ein weiterer schöner Platz, den ich bisher entdecken konnte, ist der riesige Buchladen in Xidan, eine Shoppingmeile im Zentrum der Stadt. Hier findet man alles, was das Leserherz begehrt. Auch als Ausländer ohne Chinesischkenntnisse kann man einige gute Bücher finden. Ich habe mir gleich fünf Bücher geleistet, alle mit dem Ziel, mein Chinesisch möglichst schnell zu verbessern. Inzwischen kann ich mir wenigstens einigermaßen sicher ein Frühstück bestellen oder nach dem Weg fragen. Ob ich die Antwort verstehe, ist dann wieder eine andere Sache. Hände und Füße sind meistens gefragt.

Pekinger Köstlichkeiten

Mein Frühstück: Die leckeren Teigtaschen, die Baozi, gefüllt mit Fleisch oder Gemüse (Foto von Nina Romming)

Das Beste an China ist meiner Meinung nach das Essen. Am Morgen esse ich Baozi, die kleinen gedämpften Teigtaschen, und genieße eine Suppe, in der Purpurtang und kleine Garnelen schwimmen. Ich habe lange nichts Besseres gegessen. Beispielsweise am ersten Abend sind meine chinesischen Freunde und ich in ein charmantes, kleines Restaurant in Xidans Nebenstrassen gegangen. Die ältliche Kellnerin schreit die Bestellungen in das untere Stockwerk und serviert uns heißes Wasser und Tee. Nach kurzer Zeit füllt sich unser Tisch mit allerlei Köstlichkeiten, deren Namen ich nicht aussprechen kann. Während wir essen, unterhalten wir uns. Unsere Gespräche sind eine wilde Mischung aus Englisch, Deutsch, Chinesisch, Händen und Füßen. Manchmal verstehen wir uns, manchmal nicht. Dafür müssen wir viel lachen. Ich hoffe wirklich, dass mein Chinesisch in den nächsten eineinhalb Monaten, doch noch etwas besser wird und meine Hände und Füße dann wieder Pause haben.