31-05-2013
Im Focus
Wie gute Geschichten Marken erfolgreich machen
von Maike Schulte

 

Auf dem Media-Kongress "Story Drive China" gaben Mitglieder des Deutschen Design Clubs Einblicke in visuelles Storytelling.

 


 

Deutsche Gäste auf der "Story Drive China": Hinter jeder erfolgreichen Marke stecke eine gute Geschichte, behauptete Kommunikationsdesigner Norbert Barysch (li.). Im Vortrag von Marketing-Expertin Nicole Roesler ging es darum, wie Storytelling das Image einer Marke verändern kann.

 

Das Bedürfnis, Geschichten zu erzählen, dürfte so alt sein wie die Menschheit. Bis vor wenigen Jahrzehnten war das Buch das wichtigste Medium für ihre Verbreitung. Im digitalen Zeitalter haben sich die Kanäle vervielfältigt, eine Geschichte wird in diversen Formaten erzählt. Wie man dieses Potenzial mit neuen Formen der Zusammenarbeit und Business-Modellen über Mediengrenzen hinweg ausschöpfen kann, damit befasste sich vom 28. bis 30. Mai der Media-Kongress "Story Drive China" im National Convention Center von Beijing. Geladen waren auch Vertreter des Deutschen Design Clubs. Sie gaben Einblicke darin, wie Agenturen mit visuellen Mitteln Geschichten transportieren, um Marken erfolgreich zu machen.

Der Deutsche Design Club ist eine 1989 gegründete Initiative, die sich für Qualität in allen möglichen Gestaltungsdisziplinen einsetzt. "Wir sind sehr vom Bauhaus und der Ulmer Schule geprägt", erklärte Wolf U. Wagner, Produktdesigner und Vorstandsmitglied des Clubs, zur Einleitung. "Das bedeutet, das Semiotik ein wichtiges Element unserer Arbeit ist. Wir erzählen Geschichten durch Design. Und Design beeinflusst die Gesellschaft."

Wie das genau funktionieren kann, erläuterten im Anschluss Vertreter renommierter deutscher Agenturen. "Geschichten machen Marken erfolgreich", lautete die Hauptthese von Norbert Grabysch, Kommunikationsdesigner bei wirDesign communications in Braunschweig. "Jede erfolgreiche Marke hat ihre einzigartige, authentische, wahre Geschichte". Apple sei ein schlagender Beweis dafür. Das Unternehmen verkörpere die Geschichte eines Nerds, der gerne Äpfel aß und Computer besser und anders machen wollte. "Das korrespondiert mit dem Firmenlogo und dem Slogan "Think different", so Grabysch.

Heimat und Identität waren das Thema von Peter Ippolito von der Ippolito Fleitz Group, einem Stuttgarter Designstudio, das Architektur, Design und Kommunikation miteinander verbindet. "Die Sehnsucht nach Heimat ist aufgrund der Globalisierung heute größer denn je", so Ippolito. Gegen diese Heimatlosigkeit setzt er die Arbeit seiner so genannten "identity architects". So installierte er an der Decke eines italienischen Restaurants und Weinladens zahlreiche Spiegel aus unterschiedlichen Epochen. "Sie sollen alte Erinnerungen wecken und gleichzeitig neue Erinnerungen an den Restaurantbesuch schaffen", erläuterte er. Bei der Gestaltung der neuen Kantine des "Spiegel" hängte er mehr als 4000 Aluminiumplatten an die Decke. Damit wollte er gleichzeitig Bezug nehmen zur Lage des Gebäudes am Hamburger Hafen – das Aluminium spiegelt das Licht ähnlich wie das Wasser der Elbe – zum Titel des Magazins und zur reflektierenden Arbeit der Journalisten.

Dass auch Sprache in der Arbeit der Designer eine wichtige Rolle spielt, zeigte Kommunikationsdesigner Tilman Bares aus Frankfurt. Sein Leitsatz: "Willst du Aufmerksamkeit, fasse dich kurz." Sein Ziel: Mit präziser Sprache eine Reaktion erzeugen. Zur Veranschaulichung beschrieb er sein Kommunikationskonzept für den japanischen Präzisionsmaschinenhersteller Makino. Es umfasste eine Anzeige, auf der eine Glasoberfläche im Vergleich zu maschinell bearbeitetem Material wie eine Gebirgslandschaft erscheint, Unternehmenspublikationen mit dem Claim "To be precise" und - als Gimmick - Kaffeebecher mit der  passenden Aufschrift "Enthält 0,311 Liter".

Marketing-Expertin Nicole Roesler schilderte zum Abschluss, wie Storytelling das Image einer Marke verändern kann. Sie hat sich auf Luxusmarken spezialisiert und ist dabei, das Profil des Badewannen- und Duschherstellers Kaldewei gründlich umzukrempeln. "Baden bedeutet Zeit für sich, und das ist der Luxus von heute", erläuterte sie. So wie das Badezimmer von der "Nasszelle" zum "Wohnzimmer mit Wasseranschluss" wurde, soll sich das traditionsreiche Familienunternehmen, das auf deutsche Wertarbeit setzte, in eine "Stilikone" verwandeln. Textlastige Anzeigen sind durch glamouröse Fotomotive ersetzt worden. Und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Design Club entstanden Entwürfe für Badezimmer von stilprägenden Leinwandfiguren wie James Bond und Marlene Dietrich, die als Kurzfilme präsentiert wurden.