24-01-2014
Im Focus
US-Ausstieg aus der Lockerungspolitik ohne große Auswirkungen auf China
von Lan Xinzhen

Die Entscheidung der US-Notenbank, ihre quantitative Lockerungspolitik herunterzufahren, sorgt für einen Abfluss heißen Kapitals aus China. Eine Destabilisierung der Wirtschaft ist aber nicht zu befürchten.

Abschwächung der Inflation: Anwohner kaufen am 23. Dezember 2013 Gemüse in einem Supermarkt in Hefei, Hauptstadt der Provinz Anhui (Du Yu)

 

Ab Januar 2014 senkt die US-Notenbank ihre monatlichen Kapitalkäufe von 85 auf 75 Milliarden Dollar. Dazu wird der Erwerb langfristiger Staatsanleihen von 45 auf 40 Milliarden Dollar und von hypothekarisch gesicherten Wertpapieren von 40 auf 35 Milliarden gesenkt. Das Vorgehen der Notenbank zeigt ihren allmählichen Rückzug aus der unkonventionellen quantitativen Lockerungspolitik, die nach der globalen Finanzkrise von 2008 eingeführt worden war, um das Wachstum in den USA zu unterstützen. Durch den milliardenschweren Ankauf von Anleihen und anderen Wertpapieren sollten Zinsraten gesenkt und Investitionen gefördert werden. Die Währungspolitik der größten Wirtschaftsmacht der Welt kehrt nun zu konventionellen Strategien zurück.

Durch die Lockerungspolitik flossen große Kapitalströme nach China, die Inflationsrate stieg. Die Zentralbank musste die Zinssätze und den Mindestreservesatz erhöhen, um den Inflationsdruck zu mindern. Experten zeigen sich nun äußerst besorgt darüber, ob das Ende der Lockerungsmaßnahmen Chinas Liquiditätszustand verschlechtern und das Wachstum des Landes destabilisieren kann.

China halte an seiner besonnenen und sicheren Finanzpolitik fest, erklärt He Liping, Professor für Finanzwissenschaften an der Beijing Normal University. Das Hauptziel für das Jahr 2014 sollte darin bestehen, zu verhindern, dass der US-Ausstieg aus der Lockerungspolitik Chinas Finanzmärkte und Marko-Ökonomie destabilisiere.

Begrenzte Auswirkungen

Seit Dezember 2013 verzeichnete Chinas Aktienmarkt stetige Kursabfälle. Analysten führen dies auf die Entscheidung der US-Notenbank, ihre Anleihenkäufe zu beschneiden, zurück. Eine große Menge „heißen Geldes" – spekulative grenzüberschreitende Kapitalströme zur Erzielung kurzfristiger Gewinne – floss aus dem Aktienmarkt ab und sorgte für eine pessimistische Stimmung. 

He sieht jedoch keinerlei Grund zum Pessimismus. „Die amerikanische Ausstiegsstrategie wird eine gewisse Auswirkung auf China haben, aber der Wirtschaft keinen heftigen Schlag versetzen, denn die USA folgen bei der Reduzierung ihrer Lockerungspolitik einer klaren Logik und einem festen Zeitplan." 

Aus zwei Gründen bräuchte China das Ende Lockerungsmaßnahmen nicht zu fürchten: Erstens sei es ein sanfter und allmählicher Ausstieg. Zurzeit wird der Kapitalerwerb nur um 10 Milliarden Dollar pro Monat gekürzt. Diese Entscheidung wurde getroffen, nachdem Unsicherheiten in der US- und der Weltwirtschaft und deren mögliche Auswirkungen abgewogen worden waren. Selbst wenn die US-Wirtschaft einen Aufschwung verzeichnen und die Wirtschaftsdaten die erforderlichen Zielvorgaben erreichen würden, werde der Ausstieg aus der Lockerungspolitik immer noch sanft sein, behauptet He.

Zweitens wird es Intervalle zwischen jeder Ankaufssenkung geben. Auch unter rosigen Wirtschaftsbedingungen will die US-Notenbank bis Ende 2014 aus der Lockerungspolitik aussteigen, dabei sollen die Anleihenkäufe jeden Monat um 10 Milliarden Dollar zurückgefahren werden. In Anbetracht von Abwärtstrends und anderen Unsicherheiten in der US- und Weltwirtschaft werde die Notenbank bis 2014 aber wohl nicht vollständig aus der Lockerungspolitik aussteigen, meint He.  

Chinas Wachstumsrate erreichte in der zweiten Hälfte des Jahres 2013 ihren Tiefpunkt und verharrt seitdem bei 7 bis 8 Prozent, was einem positiven Wachstumstrend entspricht. Man brauche keine massiven Kapitalzuströme zur Stützung des Wachstums, dieses Wachstumsmodell habe eine Menge Unsicherheiten mit sich gebracht, sagt He.

Laut Wang Yong, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei CITIC Securities, wird der Ausstieg aus der Lockerungspolitik einen Abfluss heißen Gelds vom chinesischen Markt zur Folge haben.

„Wenn die Umkehrung des Kapitalflusses zu schnell erfolgt, könnte es zu einem Liquiditätsengpass auf Chinas Kapitalmärkten kommen. Das wird die größte Auswirkung auf Chinas Wirtschaft sein", erklärt Wang. „Aber selbst in diesem Fall wird die Stabilität des Wachstums nicht beeinträchtigt, da China über riesige Devisenreserven verfügt, die die Auswirkung jeglicher Marktturbulenzen abfedern können."

Nachlassende Inflation

Das Ende der Lockerungspolitik sei ein Zeichen für die allmähliche Erholung der größten Wirtschaftsmacht der Welt und ziehe eine Stärkung der weltweiten Wirtschaft, einschließlich Chinas, nach sich, erklärte Lian Ping, Chefökonom bei der Bank of Communications.

„Der Abfluss heißen Geldes aus China könnte im Hinblick auf die langfristige Gesundheit der chinesischen Wirtschaft ein Glück im Unglück sein", meint Lian. Der Abfluss könne den Aufwertungsdruck für den Yuan mildern, die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Exporte verbessern und dem Land einen neuen Wachstumsimpuls verleihen, so Lian. „Der Ausstieg aus der Lockerungspolitik wird den Druck von den Devisenreserven der Zentralbank nehmen, den Inflationsdruck, der durch exzessive Geldvorräte verursacht wurde, lindern und daher den zentralen Behörden Spielraum für die Durchführung von Makrokontrollen geben."

Die Währungspolitik der US-Notenbank habe seit jeher ihre Priorität auf den Erhalt eines stabilen Wachstumstrends gelegt, das werde auch weiterhin so sein, behauptet He.

In der Vergangenheit hätten die USA eine extrem lockere Währungspolitik verfolgt, da die Wirtschaft hart von der Finanzkrise getroffen war und eine pessimistische Grundstimmung vorherrschte, so He. Daher wurde eine unkonventionelle lockere Währungspolitik eingeführt, um die Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen, die Arbeitslosenquote zu senken und Inflationserwartungen am Markt zu erzeugen. Ohne diese Maßnahme hätte die US-Wirtschaft noch weiter abrutschen und die Weltwirtschaft mit nach unten reißen können, meint He.

Zurzeit befindet sich die US-Wirtschaft auf dem Weg der Besserung. In dieser Situation wird die Inflation zu einer ernsthaften Gefahr, wenn die Lockerungspolitik nicht zurückgefahren wird. So wäre ein Preisanstieg im weltweiten Massengütermarkt für Schwellenländer untragbar. Der Ausstieg sei für die Dämpfung der Inflation von Vorteil, sagt He.

„Wenn die Lockerungspolitik erst nach einer globalen Konjunkturerholung beendet wird, ist es zu spät. Dann wird die weltweite Inflation bereits zu große Ausmaße angenommen haben", behauptet er.

Abwertung des Yuan?

Das Ende der Lockerungspolitik wird ohne Zweifel einen stärkeren Dollar zur Folge haben. Wird das zu einer Abwertung des Yuan führen? Einige Faktoren, die den Wechselkurs bestimmen, seien den Analysten bekannt, andere dagegen unsicher, sagt He.

Bekannte Faktoren, die für einen stärkeren Yuan im Vergleich zum Dollar sprechen, sind Chinas Handelsplus, seine wachsenden Devisenreserven und ein höheres Zinsniveau. Für globale Investoren sei dies attraktiv, sagt He. „Zu den unsicheren Faktoren zählen die hohe Leverage-Quote und das alarmierende Verschuldungsniveau der Lokalregierungen. Der Einfluss dieser Faktoren auf den Wechselkurs des Yuan ist zurzeit noch unsicher."

„Eins ist klar. Ein kompletter Ausstieg der USA aus der Lockerungspolitik erfordert Zinsraten auf Normalniveau", so He. „Selbst wenn der monatliche Kapitalerwerb auf Null zurückgeschraubt wird, bedeutet das keinen vollständigen Ausstieg. Eine vernünftige Zinsrate der Banken ist weiterhin erforderlich."

Die Anhebung der Zinsraten soll bis 2015 verschoben werden. Selbst wenn sie stattfindet, soll dies schrittweise geschehen. Die US-Notenbank habe angedeutet, dass die Niedrigzins-Politik -– 0 bis 0,25 Prozent – über einen langen Zeitraum Bestand haben solle, auch wenn die Arbeitslosenquote unter 6,5 Prozent fällt, so He.

„Aus diesem Grund wird der Ausstieg aus der Lockerungspolitik nur begrenzten Einfluss auf die Abwertung des Yuan haben", erklärt He.