11-07-2014
Im Focus
China nimmt erstmals am Marinemanöver RIMPAC teil
von Ding Ying

Die Teilnahme an der weltgrößten Militärübung auf hoher See ist ein positives Signal für die Zusammenarbeit der chinesischen und amerikanischen Streitkräfte.

Absolute Transparenz: Vizeadmiral Kenneth E. Floyd (Mitte), Kommandeur der Dritten US-Flotte, besucht am 28. Juni den chinesischen Zerstörer Haikou in Hawaii (Qin Haishi)

China hat im Juni eine Flotte zum Rim Pacific Exercise (RIMPAC) geschickt. Das Land nimmt erstmals an der weltgrößten von den USA geleiteten Militärübung auf hoher See teil. Das Manöver ist für Beijing und Washington eine Gelegenheit, die militärische Kommunikation und das wechselseitige Vertrauen zu vertiefen. Allerdings bedeutet dies noch lange nicht, dass wirkliches militärisches Vertrauen zwischen beiden Großmächten herrscht.

Es ist das gemeinsame Ziel, eine neuartige Beziehung zwischen beiden Großmächten, die dem Frieden und der Stabilität der Welt dienen soll, aufzubauen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten China und die USA lieber positive Nachrichten statt Feindseligkeit verbreiten.

Chinas Debüt

In diesem Jahr findet das RIMPAC vom 26. Juni bis zum 1. August statt, 23 Nationen sind dabei. Nach Angaben von Zhao Xiaogang, Manöverleiter der chinesischen Flotte, wird Chinas Marine vom 25. Juni bis 8. Juli an Austausch-Events wie Pressekonferenzen, Besichtigungen von Kriegsschiffen, Basketball- und Fußballspielen sowie einem Fünfkilometer-Geländelauf teilnehmen. Während des Seemanövers vom 9. bis 30. Juli wird Chinas Flotte Schießübungen abhalten, Maßnahmen zur Schadensbegrenzung, Piratenbekämpfung und Katastrophenhilfe durchführen. Geplant sind außerdem koordinierte Abfangjagden und Landungen sowie Angriffe von Kriegsschiffen und Bordhelikoptern, erklärte Zhao. Mit einer Truppe von über 1100 Marinesoldaten und Offizieren ist die chinesische Flotte bei der Übung die zweitgrößte nach der US-Marine.

Zhang Junshe, Wissenschaftler am Marineforschungsinstitut der Volksbefreiungsarmee, betonte, dass die Größe und die aktive Rolle der chinesischen Flotte ein Zeichen dafür seien, dass die militärischen Beziehungen zwischen China und den USA seit dem Gipfeltreffen Xi Jinping und Barack Obama im vergangenen Sommer dynamischer geworden sind. „Die USA begrüßten die Verbesserung der bilateralen Militärbeziehungen", erklärte Zhang. Chinesische und amerikanische Marinechefs hätten gemeinsam die Beteiligung Chinas am RIMPAC beschlossen.

RIMPAC besteht aus mehreren Ebenen. Zu den Kernübungen, die gemeinsam von der US-Marine und Verbündeten wie Großbritannien, Japan, Australien, Südkorea und Kanada durchgeführt werden, zählen Abwehroperationen von Kriegsschiffen und U-Booten, die an echte Kampfsituationen angelehnt sind. Trainiert werden außerdem die integrierte Luft- und Seeverteidigung, Luftschläge sowie die amphibische Kriegsführung. Bei den allgemeinen Übungen liegt der Fokus auf nicht-traditionellen Sicherheitsfeldern wie humanitärer Hilfe, Such- und Rettungsaktionen auf hoher See, Antiterror- und Piratenbekämpfungsmaßnahmen. Sie werden von Ländern durchgeführt, die in neutralem Verhältnis zu den USA stehen. Randstaaten nehmen an Übungen sowie Truppen- und Telekommunikationskontrollen teil. Einige Länder haben auch eine bloße Beobachterfunktion.

Die chinesische Marine verfolge mit ihrer RIMPAC-Teilnahme drei Ziele, so Zhao: Sie wolle die gesunde und konstante Entwicklung der militärischen Beziehungen vorantreiben, die professionelle Kommunikation und praktische Kooperation mit den Seestreitkräften anderer Länder vertiefen und die Entschlossenheit der Volksbefreiungsarmee, den weltweiten und regionalen Frieden sowie Sicherheit und Stabilität zu schützen, demonstrieren.

Auch der stellvertretende Kommandeur der chinesischen Marine, Xu Hingmeng, betonte, dass Chinas Beteiligung am RIMPAC ein wichtiger Bestandteil der Bemühungen um ein neues Modell der Beziehungen zwischen China und den USA sowie den Streitkräften beider Länder sei.

Da China und die USA nun mehr Möglichkeiten zur Interaktion in der Pazifikregion hätten, sei Chinas Beteiligung am RIMPAC notwendig, um die Kommunikation zu verbessern, Fehlurteile zu verhindern und gemeinsam Frieden und Stabilität in der Region zu bewahren, meint Zhang. „Die amerikanische Seite zeigt sich kommunikationsbereit, China zeigt mehr Vertrauen und Offenheit", erklärte er.

Der militärische Kontakt galt lange Zeit als schwächstes Glied der chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Beide Seiten haben häufig den Austausch auf höchster Ebene gepflegt, so fanden 2013 gegenseitige Besuche der Verteidigungschefs, ein seltenes Such- und Rettungsmanöver in Hawaii und eine zweite gemeinsame Anti-Piratenübung im Golf von Aden statt.

Mehr Vertrauen nötig

China und die USA sind das größte Entwicklungs- bzw. Industrieland der Welt, ihre Beziehung ist wichtig für Frieden und Stabilität. Daher betrifft der Fortschritt in den militärischen Beziehungen nicht nur die beiden Großmächte selbst, sondern es profitieren auch andere Länder davon. Gegenseitiges Vertrauen kann nicht durch eine einzige gemeinsame militärische Übung erzeugt werden. China und die USA müssen noch mehr aufrichtige Anstrengungen unternehmen. 

„Die chinesische Marine akzeptierte die Manöver-Einladung der USA, da dies dem Grundsatz, eine neuartige Beziehung zwischen Großmächten aufzubauen, die auf Konflikt- und Konfrontationsvermeidung, gegenseitigem Respekt und einer für beide Seiten vorteilhaften Kooperation beruht, entspricht. Diese Entscheidung wird eine wichtige Rolle bei der Förderung der bilateralen Verbindungen spielen", erklärte Zhang. Die Verbesserung der militärischen Beziehungen werde andere Länder von dem Versuch abhalten, Unstimmigkeiten zwischen beiden Großmächten zu säen, fügte er hinzu.

Chinas neue Führungsspitze habe entgegenkommend gezeigt, eine neue Beziehung zu den USA aufzubauen. Ziel sei eine Win-Win-Kooperation in Asien, aber auch darüber hinaus, betonte Liu Xuecheng, Wissenschaftler am Chinesischen Institut für internationale Beziehungen. Trotz der Differenzen und Streitigkeiten auf beiden Seiten suche China innerhalb der bilateralen Mechanismen aktiv nach Kommunikation und Dialog mit Washington, erklärte er. Auch die Teilnahme am RIMPAC zeige Chinas aktive Haltung und seine Offenheit für den Aufbau positiver Beziehungen zu den USA, so Liu weiter.

Obwohl sich China und die USA beim Manöver Aufrichtigkeit demonstrierten, kann RIMPAC noch nicht als großer Durchbruch für die militärischen Beziehungen gelten, meint Li Jiu, Wissenschaftler am Marineforschungsinstitut der Volksbefreiungsarmee. „Sicher sollten wir den USA applaudieren, weil sie der neuartigen Beziehung zur Großmacht China und zu seinen Streitkräften großes Gewicht einräumten. Aber noch lieber würden wir sehen, dass Washington die Mentalität des Kalten Krieges hinter sich lässt und die alten Drohgebärden und Abschreckungsszenarien aufgibt", so Li.

Differenzen und Streitigkeiten zwischen China und den USA bestünden weiterhin, räumte Li ein. Er schlug die Einrichtung eines Mechanismus und Koordinationsplans für ein effektives Krisenmanagement vor. Kernstrategie der USA sei es, Chinas wirtschaftliche Entwicklung zu bremsen, um eigene Vorteile zu bewahren", erklärte Li. Washington wünsche aber andererseits auch keine ernsthaften Konflikte zwischen beiden Ländern.

„Die USA haben durch ihre jahrzehntelangen Erfahrungen verstanden, dass sie mit militärischen Allianzen und den traditionellen Verbündeten ihre Ziele in der Pazifikregion nur teilweise erreichen können und dass es schwierig sein wird, Probleme im Pazifikraum ohne Chinas aktive Beteiligung zu lösen", so Li. Wichtige Angelegenheiten in der Region, wie das Atomproblem in Nordkorea, die Sicherheit der Seewege, der Kampf gegen Terrorismus und Piraten sowie humanitäre Hilfsaktionen könnten ohne Chinas Teilnahme nicht geregelt werden, ergänzte er. Die USA werden ihre „Kontakt-plus-Eindämmung"-Strategie des Kalten Krieges beibehalten, betonte er und warnte China, ruhig zu bleiben.

Liu sieht auch in der Regierung Obama Anzeichen für eine Mentalität des Kalten Krieges. Wegen der Diaoyu-Inseln übten die USA unbarmherzige Kritik an China und beschuldigten es der militärischen Drohung und des undurchsichtigen Vorgehens. Für die Umsetzung ihrer neuen Asienstrategie hat Amerika die militärische Unterstützung für seine Alliierten im Asien-Pazifikraum um 30 Prozent aufgestockt, für militärische Übungen noch mal um 40 Prozent. Für 2014 sind 130 gemeinsame militärische Übungen in der Region vorgesehen. Bis 2020 werden die USA 60 Prozent ihrer Seestreitkräfte im Asien-Pazifikraum stationiert haben.

„Das Asien des 21. Jahrhunderts ist nicht das des 19. Jahrhunderts. Die asiatischen Staaten sind jetzt die Gestalter ihres eigenen Schicksals", erklärte Liu, ein aufstrebendes Asien sei schwer aufzuhalten.

„Ein US-Präsident mit einer langfristigen Perspektive sollte die Fantasie von einer Vormachtstellung verwerfen und stattdessen Partner Asiens werden, sich aktiv am Kooperationsprozess in Asien beteiligen und gemeinsam mit den dortigen Staaten inklusive China am Aufbau eines friedlichen und wohlhabenden Asien mitwirken", sagte er.

 

Was ist RIMPAC?

RIMPAC, Rim of the Pacific Exercise, ist die größte internationale Marineübung der Welt. Sie findet alle zwei Jahre im Juni und Juli in Hawaii statt und wird von der Pazifikflotte der US-Marine organisiert und durchgeführt.

Das erste RIMPAC-Manöver fand 1971 mit Teilnehmern aus Australien, Kanada, Neuseeland, Großbritannien und den USA statt. Heute laden die USA Streitkräfte aus dem Pazifikraum und darüber hinaus zur Teilnahme ein. Laut US-Marine ist RIMPAC eine einmalige Gelegenheit zur Förderung und Bewahrung kooperativer Beziehungen, wie sie für die Sicherheit von Seewegen und der Weltmeere unerlässlich sind.

In diesem Jahr findet RIMPAC zum 14. Mal statt, und zwar vom 26. Juni bis 1. August. Die Teilnehmer stammen aus folgenden 23 Ländern: Australien, Brunei, Kanada, Chile, China, Kolumbien, Frankreich, Indonesien, Japan, Malaysia, Mexiko, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Peru, Philippinen, Singapur, Südkorea, Thailand, Tonga, Großbritannien und die USA. Außerdem sind 55 Schiffe, mehr als 200 Flugzeuge und rund 25.000 Mann Besatzung involviert.

2014 nimmt erstmals auch die chinesische Marine teil. Die chinesische Flotte besteht aus dem Zerstörer Haikou, der Fregatte Yueyang, dem Versorgungsschiff Qiandaolu, dem Krankenhausschiff Peace Ark, zwei Bordhelikoptern sowie einer Kommandoeinheit, einer Tauchmannschaft, einem Ärzteteam und rund 1100 Soldaten und Offizieren.