31-07-2015
Im Focus
Amazon plant Comeback in China
von Yu Shujun

Amazons Warenlager in Tianjin. (Foto: AMAZON CHINA)

 

Kann der amerikanische Online-Versandhändler vom Boom des internationalen E-Commerce im Reich der Mitte profitieren?

Yan Yan, eine Kunstlehrerin in den 30ern aus Hefei (Provinz Anhui), hat kürzlich ein Paar ASICS-Laufschue auf der amerikanischen Webseite von Amazon gekauft. "In den USA ist jetzt Schlussverkauf. Die Schuhe haben mich nur 94,99 US-Dollar plus 10 US-Dollar für die Lieferung und Bearbeitung der Bestellung gekostet", berichtet sie. Das gleiche Paar Schuhe schlägt in China dagegen mit rund 1200 Yuan (193 US-Dollar) zu Buche. Yan kaufte bei Amazon gleich auch noch ein paar Sachen für ihr Kind.

Die Kunstlehrerin zählt damit zur schnell wachsenden Zahl chinesischer Online-Shopper, der Großteil von ihnen ist jung, gebildet und interessiert an ausländischen Markenprodukten, die in China nicht erhältlich oder teurer sind. Babyprodukte, Schuhe und Kleidung stehen dabei an erster Stelle. Bevorzugter Shoppingplatz sind meist die globalen Webseiten von Amazon. "Ich vertraue der guten Qualität und Echtheit der Waren, die ich bei Amazon gekauft habe", erklärt Yan.

2013 übertrafen die Importe für Chinas Online-Shoppingmarkt nach Angaben des Beratungsunternehmens Analysis International 80 Milliarden Yuan (13 Milliarden US-Dollar), eine Steigerung von 75,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und 2014 könnten sie sogar bei über 120 Milliarden Yuan (19 Milliarden US-Dollar) liegen. Statistiken zufolge sind außerdem in den vergangenen zwei Jahren 50 Prozent der Auslandsbestellungen von chinesischen Online-Shoppern auf der amerikanischen Webseite von Amazon eingegangen, sie bietet zusammen mit fünf weiteren internationalen Webseiten des Unternehmens seit November einen direkten Lieferservice nach China an.

Trotz seiner elfjährigen Präsenz in China hat der in den USA ansässige multinationale E-Commerce-Riese aber bislang keinen bedeutsamen Anteil am hiesigen florierenden E-Commerce-Markt erobern können. Nach Daten von Analysis International erreichte der Transaktionswert von Chinas B2C-Markt 2014 1,37 Billionen Yuan (220 Milliarden US-Dollar), ein Anstieg von 65 Prozent im Vorjahresvergleich. Obwohl Amazon auf Platz fünf aller Online-Händler liegt, konnte sich das Unternehmen nur einen winzigen Marktanteil von 1,8 Prozent sichern. Zum Vergleich: Tmall, die B2C-Plattform von Alibaba, besitzt 54,6 Prozent und JD.com beansprucht 17,7 Prozent für sich.

 

Stärkere Präsenz

Nach  einem Bericht, den Alibaba und das Beratungs- und Technologiedienstleistungsunternehmen Accenture im Juni gemeinsam veröffentlichten, erreichte der Transaktionswert von Chinas grenzüberschreitendem E-Commerce 2014 insgesamt 21 Milliarden US-Dollar, bis 2020 wird er voraussichtlich auf 245 Milliarden US-Dollar steigen. Damit würde China zum größten grenzüberschreitenden B2C-Markt mit mehr als 200 Millionen grenzüberschreitenden Online-Konsumenten.

Die Dynamik des florierenden internationalen E-Commerce liegt sowohl im Enthusiasmus der Verbraucher als auch in der Förderungspolitik der Regierung begründet, die mehrere Maßnahmen zur Vereinfachung grenzüberschreitender Geschäfte veranlasst hat, davon profitieren Zollabwicklung, Quarantänekontrolle, Zolltarife und Zahlungen in ausländischer Währung.

"Wir haben viele Gründe zu glauben, dass in China ein goldenes Zeitalter für den internationalen E-Commerce beginnt", erklärte Doug Gurr, Präsident von Amazon China. "Der grenzüberschreitende E-Commerce ist zu einer strategischen Ausrichtung unseres Geschäfts geworden. Je nach unseren Vorteilen bei globalen Ressourcen und in der Logistik werden wir keine Mühen scheuen, den internationalen E-Commerce in China zu fördern."

Seit November gibt es auf der chinesischen Webseite des Unternehmens den Amazon Global Store, er lokalisiert Shoppingmöglichkeiten für chinesische Kunden und ermöglicht ihnen, internationale Produkte auf Amazons globalen Webseiten direkt von China aus zu kaufen. Angeboten werden 3 Millionen verschiedene Produkte und 38.000 internationale Marken, die Umsätze sind bislang um mehr als 300 Prozent gestiegen.

Um die Bedürfnisse der chinesischen Online-Shopper zu befriedigen, importiert Amazon  außerdem besonders beliebte Produkte direkt. Das Direktimport-Team arbeite mit Kollegen in anderen Ländern zusammen, um die Produkte direkt von der Quelle oder von Markenhändlern zu importieren, erklärte Brandy Niu, Vizepräsidentin von Amazon China, der Beijing Review. "Alle unnötigen Zwischenverbindungen werden beseitigt, so dass die Produkte zum besten Preis verkauft und schnellstmöglich geliefert werden können", erklärte sie. In diesem Jahr hat sich die Zahl der direkt importierten Produkte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bislang verdoppelt, die Umsätze verdreifachten sich. 

Die Entscheidung der chinesischen Regierung, Freihandelszonen (FHZ) in Shanghai, den Provinzen Fujian und Guangdong sowie in Tianjin zu gründen, hat die Möglichkeiten für Unternehmen im grenzüberschreitenden E-Commerce ebenfalls erweitert, sie rüsten sich dort für die Einrichtung von Warenlagern und Showrooms.

Amazon China ging im August 2014 eine strategische Partnerschaft mit der Freihandelszone Shanghai und im Mai mit der Region Xiamen in der Freihandelszone von Fujian ein. Nach Angaben der Zollbehörde von Shanghai machten die Amazon-Importe bis April 90 Prozent der abgewickelten Gesamtimporte aus. In der FHZ von Xiamen eröffnete Amazon ein Geschäft für Produkte aus Taiwan, angeboten werden dort mehr als 5000 Artikel von rund 500 taiwanesischen Marken.

 

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