03-08-2015
Im Focus
Steuererstattung für Touristen
von Hou Weili

Besucher erkundigen sich am Flughafen über die Richtlinien zur Steuererstattung.

 

Gleich am Morgen des 1. Juli 2015 brachte Wang Qiang ein großes Schild am Eingang seines Ladens an: „Tax Free". Der Manager von Ruifuxiang, einer chinesischen Traditionsmarke, die sich auf traditionelle chinesische Textilien spezialisiert hat, ist überglücklich beim Gedanken an die kommenden steigenden Umsätze.

Sein Optimismus rührt aus der Bekanntgabe eines neuen Programms für Steuerrückvergütungen, das an diesem Tag in Kraft tritt. Mit diesem neuen Programm bieten Beijing und Shanghai 11 Prozent Steuerrückerstattung bei Produkten, die in gekennzeichneten Läden gekauft wurden, für ausländische Touristen.

Ausländische Touristen und Besucher aus Hong Kong, Macao und Taiwan, die mehr als 500 Yuan (72,9 Euro) in einem Laden an einem Tag ausgeben haben und weniger als 183 Tage durchgehend im chinesischen Festland waren, haben Anspruch auf die 11 Prozent-Rückerstattung, erklärte Zhao Yanming, der Vizedirektor des Beijinger Finanzsteuerbüros, den Medien am 30. Juni.

Bei einer Rückvergütung von weniger als 10.000 Yuan (1458 USD), ist es möglich, diese in bar ausgezahlt zu bekommen, oder sie sich auf das Bankkonto überweisen zu lassen. Beträge über 10.000 Yuan können nur mittels Banküberweisung rückerstattet werden.

 

Der Tourismus wird angekurbelt

„Steuerrückvergütungen sind eine weltweit gängige Praxis. Es wird die Konsumation der Touristen fördern und die Kräfte des Marktes entfesseln", sagt Sun Yao, der Vizedirektor der Städtischen Handelskommission Beijing. Er sagt, dass dieser Schritt helfen wird, den trägen Tourismus der Stadt zu verjüngen.

Daten des städtischen Statistikamtes zeigen, dass der Tourismus in Beijing im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent zurückgegangen ist. 4,27 Millionen ausländische Touristen besuchten die Stadt und gaben durchschnittlich 1.087 USD aus. Doch davon wurden nur 26,7 Prozent für den Konsum von Waren ausgegeben, deutlich weniger als der Durchschnitt von 40 bis 50 Prozent, der in den meisten anderen entwickelten Touristenstädten erreicht wird.

Ausländische Touristen in China

„Steuererstattungen sind eine gute Maßnahme. Sie reduzieren die Kosten des Einkaufs und ich werde daher sicher mehr typisch chinesische Geschenke für meine Familie und Freunde kaufen", sagt der amerikanische Tourist Cedric Georges zu ChinAfrica. Als Fan chinesischer Seide plant er auch, sich vor seiner Abreise einen traditionellen chinesischen Anzug anfertigen zu lassen.

Allerdings zweifeln einige Insider, dass die Steuererstattungen die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr deutlich erhöhen werden. „Steuererstattungen sind tatsächlich für chinesische Touristen im Ausland ein Anreiz, da diese gerne teure Handtaschen, Kosmetik und Uhren kaufen. Doch die meisten Touristen, die China besuchen, sind nur an Souvenirs interessiert. Daher wird der Einfluss dieser Maßnahme unbedeutend bleiben", sagt Chen Zhi, Manager eines Reisebüros in Beijing.

Zhang Bin, ein Experte für Steuerrecht an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, stimmt mit Chen überein, dass die Ausgaben der Touristen meist gering sind, weshalb diese Maßnahme zunächst wenig Einfluss auf die Ausgaben der Touristen haben wird." Aber es wird dabei helfen, das Potential des Tourismussektors zu erkunden und die betroffenen Geschäfte werden davon profitieren", sagte er.

 

Einheimische Marken

Als die Richtlinie am 1. Juli in Kraft trat, waren 56 Läden in Beijing und 27 in Shanghai als qualifizierte Händler für Steuererstattungen vorgesehen. „Darunter sind Traditionsmarken, bekannte Kaufhäuser und chinesisch-ausländische Joint Ventures", sagte Sun.

Er sagt, dass die chinesischen Traditionsmarken mit der neuen Richtlinie mehr internationale Bekanntheit erlangen könnten. „Beijing ist die Heimat von mehr als 100 anerkannten Traditionsmarken, wie Tongrentang Pharmacy. Diese vorteilhafte Tourismusressource muss weiter ausgeschöpft werden", sagte er.

Chinas Traditionsmarken sind bei Touristen sehr beliebt.

Nach den Olympischen Spielen in Beijing 2008, begann die Hauptstadt ein „Beijing Gift"-Programm, mit dem Geschenkartikel und Souvenirs für Touristen reguliert werden sollte, um chinesische Kulturschätze für Touristen auszustellen. Bestimmte Händler von Tee, Seide, chinesischem Alkohol, Juwelen und Souvenirs wurden als Franchisenehmer ausgewählt, um in beliebten Touristenzielen und belebten Handelszentren Läden zu führen. Viele von ihnen verkaufen steuerbefreite Waren.

Aber gerade einige der beliebtesten Einkaufsdestinationen für Touristen, wie die Xiushui Straße oder die Seidenstraße und der Hongqiao Markt, sind nicht dabei. „Die Läden an diesen Orten sind meist selbständige Händler, die keine Umsatzsteuer abführen. Daher können die Waren von diesen Plätzen keine Steuererstattungen bekommen", sagt Gao Ruijun, der leitende Revisor des Beijinger Büros für Staatliche Steueradministration.

„Wir diskutieren gerade darüber, ob es machbar ist, diese unabhängigen Händler zu integrieren und eine Unternehmen mit einheitlichem Management zu etablieren, damit diese Märkte qualifiziert werden, steuerreduzierte Waren zu verkaufen", sagt Gao.

Die Behörden sagen, dass alles für die Implementierung dieser Richtlinien vorbereitet sei. Steuererstattungsbüros wurden im Terminal 2 und 3 am Beijing Capital International Airport eingerichtet.

Doch trotz allem haben einige Touristen Bedenken bezüglich der Umstände, die dieser Prozess mit sich bringen könnte. „Ich fürchte, die [Rückerstattungs]-Prozedur kann zu kompliziert sein. Wenn das so ist, werde ich sie wohl nicht benutzen", sagte Georges dazu.

Doch Sun sagte, Hinweisschilder würden aufgestellt und Freiwillige würden die Touristen durch das Verfahren begleiten. Die Beijinger Steuerbehörde hat das gesamte Verfahren simuliert und – mit den vollständigen Papieren, dem ausgefüllten Formular, der Quittung und einem Reisepass – weniger als 15 Minuten gebraucht.