02-12-2013
Wirtschaft
Singles Day in China: Rekorde beim Online-Shopping
von Deng Yaqing

Der Singles Day lässt die Kassen klingeln. Online-Shopping schafft neues Wachstum.

Verkaufserfolge: Der Geschäftswert von Alipay wird am 11. November auf einem Monitor in der Halle des Taobao-Hauptgeschäftssitzes in Hangzhou, Provinz Zhenjiang, angezeigt (Shi Jianxue)
 

Am 11. November saßen Shi Hailin und seine Freundin schon vor Sonnenaufgang vor dem Computer, um nach Sonderangeboten für Elektrogeräte für ihre neue Wohnung zu suchen. Mehr als 20.000 Yuan hatten sie am Ende ihres Kaufrausches ausgegeben, zwei Klimaanlagen, einen Fernseher, einen Kühlschrank und eine Waschmaschine gekauft. 

"Die Ermäßigungen in Online-Shops sind viel attraktiver als in normalen Geschäften. Wir haben mindestens 3000 Yuan gespart, weil wir alle Haushaltsgeräte im Internet eingekauft haben", erzählt Shi, ein 30-jähriger Angestellter in einem staatlichen Unternehmen in Beijing.

Am 11. November, Chinas wichtigstem Online-Schnäppchentag, der wegen der vielen Einsen im Datum auch Singles Day genannt wird, brach Chinas E-Commerce-Gigant Alibaba einen weiteren Jahresumsatzrekord. Die Business-to-Customer-Website Tmall und die Customer-to-Customer-Website Taobao setzten aufgrund beispielloser Preisermäßigungen bei einem breiten Warenspektrum insgesamt 35,02 Milliarden Yuan um.

Am Singles Day 2012 verzeichnete Alibaba Umsätze von 19,1 Milliarden Yuan. Zum Vergleich: In den USA kletterten die Online-Umsätze im Einzelhandel am Cyber Monday auf über 1,98 Milliarden Dollar. Der Cyber Monday ist der Tag nach dem Thanksgiving-Wochenende und wegen der beginnenden Weihnachtseinkäufe gleichzeitig der umsatzstärkste Tag für Online-Händler.

In den letzten fünf Jahren haben sich neben Alibaba noch andere E-Commerce-Unternehmen wie 360buy.com, die zweitgrößte B2C-Website des Landes, suning.com, die Online-Plattform von Chinas größtem Elektrogerätehändler, und amazon.cn, Chinas Amazon-Ableger, am Singles Day für Promotionsaktionen im Internet zusammengetan.

 

 Neue Trends

Li Shengkai, eine 40-jährige Beamtin in Kaifeng (Provinz Henan), gab über 20 Prozent ihres Budgets für Bekleidung am Singles Day aus. „Ich habe den ganzen Tag mit meinem Smartphone im Internet gesurft und rund 1000 Yuan ausgegeben. Vor Beginn der Werbeaktionen bin ich in Malls gegangen und habe dort die Kleidung anprobiert, die ich haben wollte und habe sie dann bei Tmall zum halben Preis gekauft", erzählt Li.

Bestellungen per Smartphone aufzugeben sei zu einem allgemeinen Trend geworden, seit die Geräte 2010 populär geworden sind, erklärt Wu Yongming, Vizepräsident bei Alibaba.

Am diesjährigen Singles Day wurden über die mobile App von Alipay, einer Online-Bezahlplattform von Alibaba, Geschäfte im Wert von 5,35 Milliarden Yuan abgewickelt, 127 Millionen aktive Handynutzer kauften online ein, eine Steigerung von 460 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

An diesem Tag überschritt das Geschäftsvolumen auf der B2C-Website 360buy.com laut Marketing-Chef La Ye die 10-Milliarden-Yuan-Grenze, eine 300-prozentige Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Von 6,8 Millionen Bestellungen wurden 1 Million über Handys aufgegeben.

Das Online-to-Offline-System wurde in diesem Jahr in großem Maßstab gefördert. Das heißt, Verbraucher wählen Produkte im Geschäft aus und bestellen dann online. Dieses interaktive Werbesystem verhalf einigen E-Commerce-Unternehmen zu gigantischen Einnahmen. Zum Beispiel Suning. Der Haushaltsgerätsriese integrierte seine E-Commerce-Plattform und seine 1600 Läden. Drei Tage vor dem 11. November gingen insgesamt 6 Millionen Bestellungen ein, am 11. November waren es noch mal 10 Milliarden mit einem Wert von 7 Milliarden Yuan, das entspricht den Verkaufszahlen für ein ganzes Quartal. 

 

Herausforderungen im Internet

Ma Yun, Gründer und aktueller Vorstandsvorsitzender von Alibaba, zeigt sich willig, Kunden am Singles Day mit qualitativ hochwertigen und günstigen Produkten zu belohnen. Aber es sind noch einige Probleme zu lösen.

„Ich habe auf den Startzeitpunkt gewartet, um mir ein paar begehrte Waren zu sichern, aber es war für Geschäftsinhaber fast unmöglich, nur einige Produkte zu Sonderpreisen anzubieten", sagt Shi.

Die Umsatzrekorde einiger Online-Shops sind ein deutliches Zeichen für die hohe Geschäftsintensität am 11. November. Cao Lei, Direktor des China E-Business Research Center, glaubt aber, dass die Sonderangebote effektiv nur einen Teil der Umsätze kreiert haben.

„Die Umsätze der kommenden Monate werden durch die enormen Ausgaben am Singles Day beeinträchtigt. Es mag einige Monate dauern, bis sich die Nachfrage nach Gebrauchsgütern wieder erholt", so Cao.

Niedrige Preise fördern Impulskäufe, was zu geringer Markentreue führt. „Drei Tage nach den Einkäufen kamen massenweise Anfragen für Rückerstattungen. In einigen Geschäften machten sie 30 Prozent aus", erklärt Shi Zhongbo, Präsident der E-Commerce Promotion Association in Guangdong.

Einige Kunden bestellten allein wegen der niedrigen Preise, ohne genau über Funktionen und die Qualität der gekauften Produkte Bescheid zu wissen. Hinterher wollen sie fast zwangsweise ihr Geld zurück.

E-Commerce-Profis sehen in diesen Impulskäufen den wirtschaftlichen Nutzen des Online-Kaufrausches. „Abgesehen von grundlegenden Verbrauchsgütern achten die Leute sowohl auf Qualität als auch auf den Preis", sagt Mo Daiqing, Analyst beim China E-Business-Research Center. Er glaubt, dass Verbraucher zunehmend rational auf Werbeaktionen reagieren werden, die nur durch günstige Preise verführen wollen.

„Um ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen, sollten heimische E-Commerce-Unternehmen nicht nur auf niedrige Preise setzen, sondern sich auch um eine Verbesserung der Erfahrungen bemühen", meint Mo.

 

 Wachstum anregen

Online-Shopping ist in großen Städten zu einem regelrechten Lifestyle geworden. In Beijing überschritten die Online-Umsätze von Januar bis September 63,73 Milliarden Yuan, sie übertrafen damit die Umsätze in Kaufhäusern. Laut Statistiken der Beijing Municipal Commission of Commerce machten sie 40,2 Prozent in 18 Verbrauchsgüterindustrien aus.

In den letzten 30 Jahren war Chinas Verbrauchermarkt hauptsächlich vom Ladennetzwerken abhängig. Je mehr sich das Online-Geschäft entwickelt, desto mehr Anreize gab es für den heimischen Markt. 2012 machten Online-Umsätze im Einzelhandel 6,2 Prozent der Gesamtumsätze an Konsumgütern aus, so die iResearch Consulting Group, eine der führenden Institute bei der Analyse von Chinas Internet-Industrie.

Kleine und mittlere Unternehmen werden außerdem von der Expansion des E-Commerce profitieren. Nach Statistiken von Alibaba umfasst die C2C-Website Tabao 9 Millionen Online-Shops, 3 Millionen davon betreiben aktiv E-Commerce. Allein die 9 Millionen Online-Shops können außerdem Hunderte Millionen von Jobs schaffen.

Der Kaufrausch am Singles Day sei kein E-Business-Krieg, sondern ein Zeichen für den wirtschaftlichen Wandel, die Geburt  einer New Economy, meint Ma.