13-01-2015
Kultur und Kunst
Eine deutsche Schrift, die Chinas Schicksal verändert hat – Zur Fachausstellung „Die Verbreitung des Manifests der Kommunistischen Partei in der Welt“ in Beijing
von Gao Zhuan

 

 
Die erste deutsche Ausgabe des „Manifest der Kommunistischen Partei" aus dem Jahr 1848

In China durchlief die Auf- und Übernahme des Manifests einen besonderen Prozess. Das Werk hat entscheidend zur Veränderung des Schicksals Chinas in seiner neueren Zeit, die mit dem ersten Opiumkrieg (1840 – 1842) einsetzte, beigetragen. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts rückte China immer näher an den Rand des Abgrunds.

Um das von westlichen Mächten unterjochte Land aus Not und Elend zu befreien, nahmen Chinas fortschrittliche Intellektuelle bei der Wahrheitssuche mühevolle Wege auf sich und erblickten in der Wirrnis diverser gedanklicher Strömungen der Welt eine leuchtende geistige Kraft, nahmen sie auf und setzten sie schöpferisch in die Praxis um. Damit begann ein neues Kapitel in der Ideengeschichte Chinas.

Das Werk von Karl Marx und Friedrich Engels hat sämtliche führenden Persönlichkeiten der chinesischen Revolution in der neueren Zeit geistig beeinflusst. Der erste unter ihnen, der mit diesem berühmten Werk in Berührung kam, war Sun Yat-sen. Nachdem der von ihm geleitete Aufstand in Guangzhou im Jahr 1895 gescheitert war, ging er zunächst ins Exil nach London. Dort betrieb er in den Jahren 1896/97 eingehende Studien über die sozialistischen Ideen und ermunterte die chinesischen Auslandsstudenten, sich mit den Werken „Manifest der Kommunistischen Partei" und dem „Kapital" zu beschäftigen. In den darauf folgenden Jahren wurden die Person und die Lehre von Karl Marx in chinesischsprachigen fortschrittlichen Zeitschriften vorgestellt und das Manifest in einem chinesischen Verzeichnis über marxistische Werke aus dem Jahr 1903 angeführt.

Zwei Jahre später wurde ein Teil der Inhalte des Manifests vorgestellt und im Zusammenhang damit wurden auch Auszüge des Werks ins Chinesische übersetzt und veröffentlicht. Im Jahr 1908 veröffentlichte der Gelehrte Liu Shipei einen umfassenden Kommentar zu diesem Werk. Zwei Ereignisse gaben entscheidende Anstöße für die weitere Verbreitung des kommunistischen Manifests in China: Zum einen war das die Oktoberrevolution in Russland im Jahr 1917. Mao Zedong sollte später über sie sagen: „Der Kanonendonner der Oktoberrevolution brachte uns den Marxismus." Zum anderen ist die Vierte-Mai-Bewegung zu nennen, die politische und kulturelle Erneuerungsbewegung im Jahr 1919, die nach Chinas diplomatischer Niederlage auf der Pariser Friedenskonferenz ausbrach. Durch die Vierte-Mai-Bewegung wurden die Erforschung und Verbreitung des Marxismus zu einer unaufhaltsamen politischen Strömung in China. Li Dazhao, der frühere Wortführer für die Verbreitung des Marxismus in China und Mitbegründer der KP Chinas, gründete den Studienverein an der Peking-Universität als deren Bibliothekdirektor. Er organisierte die Übersetzung der marxistischen Werke und im August 1920 erschien die erste vollständige chinesische Übersetzung des „Manifest der Kommunistischen Partei" in China. Knapp ein Jahr später, im Juli 1921, wurde in Shanghai die KP Chinas gegründet.

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