13-01-2015
Kultur und Kunst
Eine deutsche Schrift, die Chinas Schicksal verändert hat – Zur Fachausstellung „Die Verbreitung des Manifests der Kommunistischen Partei in der Welt“ in Beijing
von Gao Zhuan

 

 
Verschiedene Ausgaben des „Manifest der Kommunistischen Partei" aus späteren Jahren

In der Ausstellung kann man zwei Ausgaben der ersten chinesischen Übersetzung besichtigen: Da dem Titelblatt der ersten Auflage ein Schreibfehler in der Überschrift unterlaufen war, erschien die korrigierte Fassung als zweite Auflage bereits einen Monat später.

Das „Manifest der Kommunistischen Partei" diente als Schlüssel zum Verständnis des Marxismus. Erst durch dieses Werk wurden die fortschrittlichen Denker des Landes in den Marxismus eingeführt. Mao Zedong, Mitbegründer der KP Chinas, erinnerte sich an seinen gedanklichen Entwicklungsweg, als er dem amerikanischen Journalisten Adgar Snow in Yan'an im Jahr 1936 ein Interview gab: „Drei Bücher haben sich mir tief eingeprägt. Mit ihnen habe ich meine marxistische Überzeugung gebildet." Eins davon sei das „Manifest der Kommunistischen Partei", sagte er. Auch Zhou Enlai, Deng Xiaoping und andere chinesische Revolutionäre haben während ihres Bildungsaufenthalts in Frankreich zu Beginn der 1920er Jahre das Manifest und andere marxistische Werke studiert. Sie haben sich nach der Rückkehr zeitlebens der Verbreitung des Marxismus und dessen schöpferischer Anwendung in China verschrieben. Im Jahr 1992 sagte Deng Xiaoping auf seiner Inspektionsreise nach Südchina: „Für mich ist das Manifest der Kommunistischen Partei der Lehrer, der mich in die revolutionäre Lehre eingeführt hat."

Bemerkenswert ist, dass die Auf- und Übernahme des „Manifest der Kommunistischen Partei" bereits in der Frühphase einen starken Bezug auf die Realität der chinesischen Revolution nahmen. Kurz vor der Gründung der KP Chinas im Juli 1921 verfasste die kommunistische Organisation in Shanghai ein „Manifest der Kommunistischen Partei Chinas". Daran ist zu erkennen, dass die Partei schon damals einerseits der marxistischen theoretischen Grundlage große Aufmerksamkeit schenkte, andererseits den Bezug der marxistischen Theorie auf die chinesische Realität nicht aus den Augen verlor. Weiterentwicklung und schöpferische Anwendung des Marxismus bilden damit eine bis in die Gegenwart fortdauernde Tradition der KP Chinas. Dadurch haben sich zwei historische Sprünge in China vollzogen. Einmal die Gründung der Volksrepublik China und zum anderen die Schaffung des theoretischen Systems des Sozialismus chinesischer Prägung.

Die Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 kennzeichnete Chinas Eintritt in die neueste Zeit. Seit der Veröffentlichung der ersten Übersetzung dieses Werks im Jahr 1920 sind bis heute bereits 12 Übersetzungsausgaben erschienen. Im Neuen China wurden mehrere groß anlegte Projekte der Übersetzung und Veröffentlichung von marxistischen Werken realisiert. In der aktuellen Ausstellung sind neben vielen Originalausgaben auch einige vom Archiv des ZK der KP Chinas zu Verfügung gestellte wertvolle chinesische Materialien zu sehen, darunter etwa die von Mao Zedong gelesene englischsprachige Ausgabe des Manifests mit seinen Randbemerkungen aus dem Jahr 1956. Auch in der Herausbildung und Durchsetzung des Sozialismus chinesischer Prägung heute wird der Marxismus noch immer hochgehalten. Er ist heute als Grundprinzip in der geltenden chinesischen Verfassung verankert.

 

 

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