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Alte Häuser, neues Leben: Historische Dörfer in Zhejiang als trendiges Ausflugsziel

Von Zhang Juan, Xia Yuanyuan und Ma Li  ·   2023-09-24  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Zhejiang
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Quarzitschiefer-Platten, urige Gässchen und pittoreske Häuser mit Wänden aus gestampftem Lehm direkt am Berghang diese schöne Szenerie erwartet Besucher, wenn sie in das Dörfchen Chenjiapu kommen. Hier in der Provinz Zhejiang im Osten Chinas ist die Landschaft von jahrhundertealten Bäumen und einem prächtigen Blick auf das Wolkenmeer geprägt. Diese Mischung kommt gut an. In diesem Sommer pilgerten zahlreiche Touristen in die Gegend, um die Dorfidylle vor traumhafter Landschaftskulisse zu genießen. 

Das 640 Jahre alte Dorf Chenjiapu liegt im Kreis Songyang der Stadt Lishui, und zwar auf einer Höhe von 850 Metern mitten in den Bergen. Früher hinkte Chenjiapu mit seiner Hügellandschaft entwicklungsmäßig lange hinterher, aufgrund seiner verkehrstechnisch ungünstigen Lage. Wegen seiner Abgelegenheit und der fehlenden Erwerbsmöglichkeiten im Ort wanderten die jungen Leute im Ort in der Regel in die Städte ab.  

   

Idyllisch gelegen: Im November 2014 wurde Chenjiapu in die dritte nationale Gruppe von Chinas traditionellen Dörfern aufgenommen. (Foto: Yu Xiangjun)  

Die Wende kam 2014. Dank des Projekts zur grünen Wiederbelebung des ländlichen Raums hat die Region aus der Not schließlich eine Tugend gemacht und entwickelte mithilfe ihrer Naturvorteile erfolgreich die Tourismusindustrie, indem alte Häuser in Buchläden, Gasthäuser, Werkstätten für Kunsthandwerk und Kulturzentren umgewandelt wurden. Das Ergebnis: Das einst verlassene Dorf hat sich in weniger Jahren zu einem Tourismusmagneten gemausert.  

Authentischen Stil bewahren 

2016 investierte das Nationale Amt für Kulturgüterschutz 40 Millionen Yuan, umgerechnet rund 5,1 Millionen Euro, in ein Programm zum Schutz traditioneller Dörfer im Kreis Songyang, das auf die Restaurierung, den Schutz und die Umfunktionierung alter Bauerhäuser abzielt. Als Pionier auf diesem Gebiet hatte Songyang damals kein Vorbild, dem es folgen konnte. Dennoch gelang das Experiment. 

„Jedes Dorf hat seine ganz eigenen Besonderheiten. Der beste Weg, traditionellen Dörfern und alten Häusern neues Leben einzuhauchen, ist eine kohlenstoffarme, umweltfreundliche Vorgehensweise mit minimalen Eingriffen“, sagt Zheng Sheng, stellvertretender Kurator des Museums des Kreises Songyang.  

Die alten Häuser in Songyang stammen noch aus der Ming- (1368-1644) und Qing-Dynastie (1644-1911) sowie der Zeit der Republik China (1911-1949). Charakteristisch sind ihre Wände aus gestampftem Lehm, ihre grauen Dachziegeln, das Holzfachwerk und die pferdekopfförmigen Giebel. Angesichts des Wegzugs vieler Bewohner waren zahlreiche Häuser baufällig. Balken und Säulen waren beschädigt, die Wände teils eingestürzt und die Böden verfallen. 

   

Letzter Schliff: Hier legen die Arbeiter noch einmal Hand an, um eines der verbliebenen Häuser im Dorf Songzhuang zu restaurieren. (Foto: Yu Xiangjun)  

„Alte Häuser unter Beibehaltung ihres authentischen Stils zu restaurieren, ist schwieriger, als sie neu aufzubauen“, erklärt uns Zheng. Um die Häuser unter Wahrung ihres ursprünglichen Antlitzes wieder bewohnbar zu machen, lud der Kreis extra Experten des Zhejiang Ancient Building Design Institute ein. Sie sollten den Arbeitern vor Ort bei den Restaurierungsarbeiten zur Seite stehen und technologisches Fachwissen beisteuern. Ausgeführt wurden die Arbeiten überwiegend von lokalen Handwerkern. Im Vordergrund stand das Ziel, die alten Bautraditionen der Gegend fortzuführen.  

Zeng Xinliang, ein Bewohner des Dorfes Yinyuan, ist seit über 30 Jahren als Zimmermann tätig. Lange fürchtete er, dass traditionelle Handwerksfertigkeiten der Region wie das Errichten von Rammmauern oder das Reparieren und Auswechseln von Dachziegeln verloren gehen könnten. Er selbst kam im zarten Alter von 15 Jahren erstmals mit der Tischlerei in Berührung. Später arbeitete er als Raumgestalter in Hangzhou. Nachdem er von dem Restaurierungsprogramm in seiner Heimat erfahren hatte, kehrte er mit seinem 23-jährigen Sohn nach Songyang zurück, um mitanzupacken. Anreiz sei nicht nur das höhere Einkommen gewesen, sagt er. Noch wichtiger sei für ihn, dass ihm das Projekt die Möglichkeit biete, traditionelle Fertigkeiten wie das Tischlerhandwerk an die jüngere Generation weiterzugeben.   

Laut Zheng habe der Kreis über 30 Teams mit mehr als 2000 Personen zusammengestellt, die an den Restaurierungsarbeiten mitwirken. Immer mehr Handwerker, die ihre Dörfer einmal verlassen hatten, entschieden sich durch das Projekt, in die alte Heimat zurückzukehren, sagt er. Bislang wurden auf diese Weise 312 alte Häuser in 75 Dörfern im Kreis Songyang restauriert, so die Bilanz. Auch alte Wege habe man unter Beibehaltung ihres ursprünglichen Charakters wieder instandgesetzt, alte Gänge, Brunnen, Stelen und jahrhundertealte Bäume erhalten. 

Ressourcen richtig nutzen 

Altes bewahren ohne Neues zu entwickeln, das ist nicht nachhaltig. Da sind sich die Verantwortlichen hier einig. Songyang hält sich daher an den Grundsatz, dass eine vernünftige Nutzung der bestehenden Ressourcen der beste Weg ist, diese langfristig zu schützen. Dabei setzt der Kreis mit den restaurierten Häusern als Hebel darauf, sowohl die örtlichen Naturressourcen wie Berge, Gewässer, Wälder und Felder als auch die historischen und kulturellen Schätze der Gegend für die Entwicklung zu nutzen. 

   

Zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen: Bao Chaohuo, der Sekretär der Parteizelle von Chenjiapu (Foto: Yu Xiangjun)  

Bao Chaohuo verließ Chenjiapu, als er 16 Jahre alt war. 2012 kehrte er in die Heimat zurück und trat die Stelle des Sekretärs der Parteizelle des Dorfes an. Dem Aufruf der Regierung zum Aufbau eines „schönen ländlichen Raums“ folgend entwickelte er neue Ideen für die grüne Entwicklung des Dorfes. 

Mithilfe der natürlichen Ressourcen des Dorfes und seiner in den Städten gesammelten Geschäftserfahrungen gelang es Bao, geeignete Investoren anzuziehen. 2016 beschloss die Avantgarde-Buchhandlung, die als eine der zehn schönsten Buchhandlungen der Welt bekannt ist, eine Filiale im Dorf zu eröffnen, was mit einem Mal zahlreiche Besucher anlockte. 

Um die ländlichen Ressourcen optimal zu nutzen, ist es wichtig, ökologische Effizienz, wirtschaftliche Rentabilität und gesellschaftlichen Nutzen miteinander zu verbinden. Das Credo der Entwicklungsprojekte im Dorf Chenjiapu: sich den regionalen Gegebenheiten anpassen, die ökologischen Ressourcen voll ausschöpfen und zur Steigerung des Einkommens der Dorfbewohner beitragen. Bis dato hat das Dorf Investitionen in Höhe von rund 100 Millionen Yuan (12,8 Millionen Euro) angezogen. Mehrere hochwertige Gasthäuser wurden eingerichtet. 2022 verzeichnete der Ort über 400.000 Touristenankünfte, die über 19 Millionen Yuan, also rund 2,4 Millionen Euro, an Einnahmen einbrachten. 

Die Veränderungen in Chenjiapu sind nur ein kleiner Teil der ländlichen Entwicklungserfolge in Songyang. Im Kreis finden sich mehr als 100 gut erhaltene historische Dörfer, von denen 78 unter staatlichem Schutz stehen. Jedes Dorf verfügt über traditionelle Behausungen, die von grünen Bergen und klaren Gewässern umgeben sind. 

Nach offiziellen Angaben der lokalen Regierung hat der Kreis fast eine Milliarde Yuan (128 Millionen Euro) an Investitionen für die Renovierung alter Bauernhäuser angezogen. Es wurden mehr als 500 hochwertige Gasthäuser eingerichtet, die jährlich fast 136 Millionen Yuan (rund 17,4 Millionen Euro) erwirtschaften. Etwa 60 Prozent der hiesigen Traditionsdörfer erschlossen neue Einnahmequellen wie Homestay, Familienausflüge und Studienreisen sowie Kultur- und Kreativwirtschaft, wodurch das durchschnittliche Jahreseinkommen der Dorfbewohner um mehr als 20 Prozent stieg. 

Nachhaltige Entwicklung 

„Die restaurierten Häuser sollten nicht nur etwas fürs Auge sein, sondern auch guten Wohnkomfort bieten. Nur so können wir die Einheimischen langfristig halten und unsere Heimat bewahren“, weiß Zheng. Bei der Restaurierung der alten Bauten stellt der Kreis daher nicht nur den Schutz des kulturellen Erbes in den Vordergrund, sondern richtet das Augenmerk auch auf die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen. 

   

Beliebtes Fotomotiv: Besucher lassen sich gerne vor den Panoramafenstern im Dorf Pingtian ablichten. (Foto: Yu Xiangjun)  

Dank der Veränderungen in Chenjiapu kommen immer mehr junge Leute, die zuvor in die Städte abgewandert waren, zurück ins Dorf. 2021 schlossen sich die 34-jährige Wang Zhijie und ihre jüngere Schwester dieser Welle an. Die beiden wandelten das Wohnhaus ihrer Familie in eine Gaststätte um. Heute erwirtschaften sie mit dem Betrieb ein Jahreseinkommen von über 100.000 Yuan (rund 12.800 Euro). „Früher war das Dorf baufällig, heute ist es ein schöner Ort zum Entspannen“, sagt die Jungunternehmerin. Früher hätten in Chenjiapu nur noch weniger als 40 Menschen gelebt. Heute seien es wieder mehr als 200, darunter viele junge Leute, sagt sie. 

Im Dorf Pingtian, das fünf Kilometer von Chenjiapu entfernt liegt, sind gleich mehrere Zweigstellen des Cloud to Cloud Pingtian Boutique Hotel zu finden. Ye Liqin ist eine der Gründerinnen der Marke. Nach ihrem Uniabschluss arbeitete Ye zunächst als Imageberaterin für eine Modemarke in Hangzhou. 2014 wurde sie eingeladen, am Schutz traditioneller Dörfer teilzunehmen. Und sie sagte zu, weil ihr ihre Heimat sehr am Herzen liegt. 

In den vergangenen acht Jahren wurden mit ihrer Hilfe sechs baufällige Häuser im Dorf Pingtian in Hotels der Marke umgewandelt. Parallel dazu hat man Restaurants, Teehäuser, ein Landwirtschaftsmuseum und eine Batikwerkstatt eröffnet, wodurch zahlreiche neue Arbeitsplätze entstanden. Auch Architekten mit Abschlüssen der renommierten Tsinghua-Universität in Beijing und der Universität Hongkong haben sich mittlerweile in dem beschaulichen Örtchen niedergelassen. Laut Ye beläuft sich der Jahresgewinn ihres Unternehmens auf acht Millionen Yuan, stattliche 1,02 Millionen Euro also. 

   

Lokales Kunsthandwerk: In einem alten Bauernhaus im Dorf Pingtian wurde eine Färberei eröffnet, die ihre Textilien an Touristen verkauft. (Foto: Yu Xiangjun)  

Die Rechnung der Verantwortlichen ist also aufgegangen: Dank der Restaurierung der alten Häuser haben sich die Dörfer verschönert, was wiederum den Dorfbewohnern ein besseres Leben beschert hat. Es ist gelungen, der Entwicklung der alten Dörfer neues Leben einzuhauchen und sie zukunftsfähig zu machen. In Zukunft dürfte es noch mehr Touristen aus allen Landesteilen und auch ausländische Besucher in die Gegend anziehen. 

(Unter Mitarbeit von Wang Lijin, Reporter des Lishui News Media Center in Zhejiang) 

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