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Erst die Entschuldigung, dann die Vergebung

Von Zhang Shusi  ·   2018-02-02  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: Deutschland;China;Japan
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Dieser entschiedene Wille zur Entschuldigung und die verantwortungsvolle Haltung gegenüber der Geschichte spiegeln sich auch in allen Aspekten der heutigen Israelpolitik der Bundesregierung wider. Alle bisherigen deutschen Regierungen haben in ihrer Regierungserklärung die historische Verantwortung Deutschlands und Deutschlands besonderes Versprechen für Israel betont. Die derzeitige Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte in ihrer Regierungserklärung: „Dem systematischen Völkermord an den europäischen Juden sowie an anderen Völkern und Gruppen wird in der deutschen Erinnerungskultur immer eine außerordentliche Bedeutung zukommen. Angesichts der enormen Wissensdefizite bei Jugendlichen über die beiden deutschen Diktaturen im 20. Jahrhundert gilt es, wirksame Mittel für eine bessere Wissensvermittlung wie die schulische und außerschulische politische Bildung zu nutzen.“ Am 18. März 2008 sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede vor der Knesset: „Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“ Diese vielseitigen und hochrangigen Erklärungen bestätigen doch einen Punkt: Die Bundesregierung ist sich genau bewusst, dass Entschuldigung und Reue ein langfristiger, anhaltender und systematischer Prozess sind. 

Nachdem die USA ihre Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels verkündeten, brachen an mehreren Orten Deutschlands Demonstrationen aus, bei denen einige – ursprünglich aus muslimischen Ländern stammende – wütende Demonstranten israelische Flagge verbrannten und antisemitische Parolen riefen. Ein paar Tage später stattete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem israelischen Botschafter in Deutschland einen Besuch ab und sagte bei einem Empfang der israelischen Botschaft in Berlin, dass Antisemitismus in dieser Bundesrepublik keinen Platz haben dürfe, kein jüdischer Bürger auf deutschen Plätzen gedemütigt werden dürfe, und dass ihn das Verbrennen israelischer Fahnen bei Demonstranten zutiefst erschreckt, entsetzt und beschämt habe.  

Steinmeiers Worte erinnerten mich an den 5. Mai 1985, als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und US-Präsident Ronald Reagan den Militärfriedhof Bitburg besuchten. Der Besuch verursachte einen Aufruhr in Israel, weil auf dem Friedhof auch Mitglieder der Waffen-SS begraben sind. Drei Tage später hielt der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker eine berühmte Rede vor dem Deutschen Bundestag: Er verurteilte die Verbrechen Deutschlands in der NS-Zeit aufs Schärfste und sagte, dass der Tag des Zusammenbruchs des Naziregimes der „Tag der Befreiung“ gewesen sei. Ein weiterer, berühmter Satz seiner Rede lautete: „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.“ Die deutsche Regierung hat es immer verstanden, sich vor der Geschichte und den Opfern zu verneigen, und sie kümmert sich zu besonderen Zeiten (wie etwa Gedenktagen!) auch immer um die Gefühle der Opfer. 

Erst vor wenigen Tagen hatte das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde eines 96-Jährigen abgewiesen, der für haftfähig gehalten wurde und seine Haftstrafe absitzen muss. Oskar Gröning, ein früherer „Buchhalter von Auschwitz“, wurde im Juli 2015 vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen rechtskräftig zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Gröning hatte wegen seines hohen Alters und angeblich schlechten Gesundheitszustands sofort Berufung eingelegt, die aber vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurde. Gröning musste im Januar 2018 seine Haft antreten. Die Gerechtigkeit kommt zwar manchmal spät, aber sie kommt immer. Entschuldigungen und Reue können verspätet kommen, aber sie müssen kommen. Eine große Schuld reduziert sich nicht von selbst. 

Was uns verblüfft und verwirrt, ist, dass sich die Haltung der Bundesregierung nicht in den Äußerungen des deutschen Botschafters in China widerspiegelt. Für einen Botschafter in China ist es wichtig, die Geschichte Chinas zu verstehen. Der deutsche Botschafter sollte ein tieferes Verständnis für die korrekte Haltung gegenüber der Geschichte und den Opfern an den Tag legen, ganz zu schweigen von der grundlegenden Wahrheit, die in China jedes Kind kennt: Nur wer um Entschuldigung bittet, kann auf Vergebung hoffen. 

(Der Autor ist Beobachter für internationale Fragen) 

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