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„Ich habe in meinem Leben das gemacht, was mir wichtig war.“

Von Sabine Weber  ·   2017-10-19  ·  Quelle:China Heute
Stichwörter: Alfons Labisch;Kultur;China
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Im aktuellen internationalen Dialog ist interdisziplinäres Arbeiten eine grundlegende Kompetenz. Eine tiefgreifende interkulturelle Zusammenarbeit gelingt nur unter der Maxime, sich gleichberechtigt auszutauschen: für beide Seiten sollen nutzbringende Erfahrungen möglich sein. Dabei ist es mit der sprachlichen Befähigung zum Dialog und dem Grundlagenwissen des kulturellen Hintergrundes des Gegenübers allein nicht getan. Die offene Bereitschaft zu kultureller Toleranz muss sich mit der kognitiven Basis paaren, alternative Weltentwürfe zu erfassen und sich offen mit ihnen auseinander zu setzen. Auf diese Weise verfügt man über das Werkzeug, dem Gesprächspartner den jeweils anderen Kulturraum zugänglich zu machen und sich über die eigene fachspezifische Disziplin auszutauschen. So sind es jene Wissenschaftler, die nicht aus den einschlägig befassten Sprachwissenschaften kommen, welche häufig Außergewöhnliches zum internationalen Forschungsstand auf globaler Ebene beizutragen wissen. Alfons Labisch ist eine solche Persönlichkeit. Labisch studierte Philosophie, Sozialwissenschaften, Geschichte und Latein an der RWTH Aachen und an der Universität Köln. Er setzte seine Studien im naturwissenschaftlichen Bereich fort, wurde als Arzt approbiert und schließlich 1982 in Aachen zusätzlich zur Philosophie auch in Medizin promoviert. Diese außergewöhnliche Kombination an Bildung und Interesse, dazu seine frühen Publikationen zur Soziologie und Geschichte der Medizin, erweckten die Aufmerksamkeit seines akademischen Umfeldes, sodass er bereits 1979 als Universitätsprofessor für Gesundheitspolitik und Medizinsoziologie an die Universität-Gesamthochschule Kassel berufen wurde. Über die Arbeit an seiner Lebensfrage, nämlich der Deutungen und Wirkungen von Gesundheit für eine Gesellschaft, gewann der interkulturelle Austausch besonders mit Ostasien mehr und mehr an Relevanz. Diese zunehmende Faszination – erst persönlich, dann beruflich und schließlich institutionell – führten den zweifachen Doktor und einfach Habilitierten schließlich zu einem zweifachen Professor. Als Dank und Anerkennung für seine jahrelangen Verdienste um die interkulturelle Zusammenarbeit und den akademischen Austausch verlieh Rektor Peng Long Alfons Labisch im Jahr 2016 den Ehrenprofessorentitel der Beijing Foreign Studies University (BFSU) – eine Würde, die anders als der deutsche Honorarprofessor die höchste akademische Ehre darstellt, die eine chinesische Universität vergibt. „China heute“ hat Professor Labisch interviewt und ihn nach den ungewöhnlichen Umständen gefragt, die einen Historiker, Soziologen und Mediziner klassischer europäischer Bildung schließlich zum Professor einer renommierten Pekinger Universität gemacht haben. 

Als junger Mensch sei er ein Bücherwurm gewesen, meint Labisch. Damals, er müsse wohl so ungefähr acht Jahre alt gewesen sein, war ihm ein besonderes „Büchlein“ in die Hände gefallen: Ernst Haeckels „Die Welträthsel“ aus dem Jahre 1899. Dieses 500 Seiten starke Monumentalwerk, welches die darwinistische Evolutionstheorie in die Literatur einführte, hatte in dem jungen Labisch durch die Beschreibungen der damaligen holländischen Kolonien in Südostasien das Fernweh für asiatische Gefilde geweckt. Diese Kindheitsträume wurden viele Jahre später durch die Abenteuerlust eines Studienkollegen wahr, der aus Indonesien stammte. Damals waren die beiden Mediziner an der Frage interessiert, wie man in den holländischen Kolonien mit dem Problem der Malaria umging – das zu einer Zeit, als man zwar schon Bakterien aber noch keine Antibiotika kannte. Um diese Frage auch vor Ort zu studieren, reisten die zwei Freunde von Insel zu Insel, und Labisch verliebte sich in Land und Leute des südostasiatischen Inselarchipels: „Indonesien ist das vielfältigste Land der Erde. Es umfasst über 12500 Inseln, sein Reichtum an Sprachen, Kulturen, Culinaria oder Religionen ist unvergleichlich. Ein liebenswürdiges Volk.“ Dieser ersten beruflichen und persönlichen Begegnung mit asiatischen Kulturen sollte alsbald die zweite folgen. 

Alfons Labisch war mittlerweile Professor für Medizingeschichte an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, als aus heiterem Himmel Postdoktoranden aus Japan an seine Tür klopften. Sie seien extra nach Deutschland gereist, um bei ihm zu studieren. Erst später erfuhr Labisch, dass seine Bücher in Japan lebhaft diskutiert wurden: „Diese jungen Leute kannten meine Bücher in und auswendig. Ich hatte keine Ahnung – ich hatte und habe immer das gemacht, was mich beschäftigte, was mir weitere Kenntnisse und Fragen brachte, kurz: was ich tun wollte. Mein Ansatz, klassische Historie, Soziologie und Medizin miteinander zu verbinden – namentlich die Frage, was denn die Menschen, was Gemeinschaften, was Gesellschaften dazu brachte, gesund sein zu wollen, und was dies wiederum für die Medizin und für Ärzte bedeutete – war neu. Es gab keine etablierten Methoden, kein Standardwerk, auf das ich mich hätte beziehen können. Ich versuchte, mit entsprechenden Methoden aus den Sozial- und Geisteswissenschaften die Fragen zu beantworten, die sich mir stellten – und deren Antworten mich möglicherweise weiter brachten. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Bücher auf der anderen Seite der Weltkugel solche Reaktionen hervorrufen würden!“ Und so begann ein beständiger Austausch mit Japan, der letztlich zu einigen schönen akademischen Arbeiten, aber auch zu besonderen Ehren führte: dem „Orden der Aufgehenden Sonne mit Stern, goldenen und silbernen Strahlen“ – dem höchsten Orden des japanischen Kaiserreiches für ausländische Zivilpersonen, verliehen vom Tenno selbst bzw. seinen konsularischen Vertretern im Ausland.

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